Bundesfinanzminister Christian Lindner erwartet trotz Kritik eine Zustimmung der Ampel-Koalition zu seinem Vorschlag eines Tank-Zuschusses zur Entlastung bei den Spritpreisen. Der FDP-Chef sagte am Montagabend im ZDF-„heute journal“ auf die Frage, wie hoch er die Chancen für dessen Einführung sehe: „Hoch“. Man dürfe die Familien, die Pendler und die Gewerbetreibenden mit den stark steigenden Preisen nicht allein lassen: „Das ist nicht die einzige Entlastungsmaßnahme, die wir brauchen, aber es ist eine wichtige und dringliche.“
In der „Rheinischen Post“ hatte Lindner zuvor Details genannt. So könnte der staatliche Zuschuss beispielsweise für drei Monate befristet ausgezahlt werden, was mehr als sechs Milliarden Euro kosten würde. Die konkrete Ausgestaltung sei in der Regierung aber noch offen: „Aber man kann pro 10 Cent und Monat 550 Millionen Euro rechnen. 40 Cent für drei Monate zum Beispiel wären also 6,6 Milliarden Euro“, sagte der FDP-Chef dem Blatt (Dienstag).
Grünen fürchten riesigen Bürokratieaufwand
Kritik von den Grünen und aus der Mineralölwirtschaft, bei dem Modell drohe ein riesiger Bürokratieaufwand, weil jede Tankstelle jede Quittung einzeln einreichen müsse, wies Lindner zurück. „Es soll nicht jede Tankquittung individuell verwaltet werden. Das wäre abwegig.“ So sollten etwa Tankstellenketten auf der Basis der Gesamtmenge des verkauften Sprits die Erstattung beim Staat beantragen können. „Wenn es nach mir geht, landen wir mit dem Tankrabatt bei unter zwei Euro je Liter Diesel und Benzin. Das Ganze geht natürlich nur zeitlich befristet.“
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil nannte es im Sender RTL/ntv „richtig, dass sich der Bundesfinanzminister da Gedanken macht“. Solche Vorschläge müssten in der Regierung klug durchdacht werden. Er sei „jetzt vorsichtig, einzelne Instrumente zu diskutieren“, aber es dürfe auch nicht auf die lange Bank geschoben werden, sagte Klingbeil: „Wir brauchen noch in dieser Woche konkrete Verabredungen, und daran wird jetzt mit Hochdruck gearbeitet.“
In den ARD-„Tagesthemen“ sagte Lindner, es gehe darum, spürbare Entlastungen sehr schnell zu organisieren. Ein von den Grünen vorgeschlagenes Energiegeld begrüße er. Dies setze aber eine komplizierte Gesetzgebung voraus. Die von der Union geforderte „Spritpreisbremse“ könnte den Diesel nur um 14 Cent pro Liter günstiger machen.
Die Spritpreise liegen mit weit über zwei Euro pro Liter derzeit auf nie gekanntem Niveau, nachdem sie in den ersten beiden Wochen des Ukraine-Krieges beispiellos in die Höhe geschossen waren - teilweise um mehr als 10 Cent pro Tag.
Lindner signalisiert Subvention für Heizöl
Grünen-Chefin Ricarda Lang hatte gesagt, es gebe verschiedene Vorschläge. Die Entlastung dürfe nicht nur beim Benzinpreis ansetzen, auch Gas- und Lebensmittelpreise belasteten viele Menschen. In den „Tagesthemen“ sagte Lindner, „ich denke, beim Heizöl können wir noch etwas machen“. Steigende Weltmarktpreise könne man aber nicht auf Dauer mit Steuergeld subventionieren. Es gehe darum, andere Energie-Lieferquellen zu erschließen und erneuerbare Energien auszubauen. „Und wir müssen auch bestimmte Festlegungen des Koalitionsvertrags der Ampel neu hinterfragen.“
Der Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar sprach sich für eine Temporeduzierung auf Straßen als „logische Antwort“ auf die steigenden Spritpreise aus. „Wer langsamer mit dem Auto fährt, verbraucht auch weniger Sprit“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion der Deutschen Presse-Agentur.
Bisher drosseln die Autofahrer in Deutschland trotz des Preissprungs bei den Spritkosten nicht das Tempo. Auf Autobahnen ist bisher kein Rückgang der Geschwindigkeiten festzustellen, wie Auswertungen der Verkehrsdatenanbieter Inrix und TomTom für die Deutsche Presse-Agentur ergaben.
15 März 2022
Großer Bürokratieaufwand? Lindner sieht „große Chancen“ für Tank-Zuschuss
Die Regierungskoalition ringt um Entlastungen bei den Energiepreisen. FDP-Chef Lindner prescht mit der Idee eines Tank-Zuschusses vor - die in der Ampelkoalition nicht abgestimmt ist. Grüne fordern Autofahrer hingegen zur Temporeduktion auf.
dpa
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