Rechtsextreme NPD mit neuem Namen und alter Gesinnung / Photo: DPA (dpa)
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Die rechtsextreme NPD hat sich fast 60 Jahre nach ihrer Gründung einen neuen Namen gegeben. Bei einem Bundesparteitag im sächsischen Riesa stimmten am Samstag 77 Prozent der Delegierten für die Umbenennung in „Die Heimat“, wie die Partei mitteilte. Die Gruppierung wolle damit ein „neues Kapitel“ aufschlagen. „Die Heimat“ verstehe sich als „Anti-Parteien-Bewegung und patriotischer Dienstleister“, hieß es in einer Erklärung. Der Umbenennung waren Jahre des politischen Bedeutungsverlusts vorausgegangen.

Ihre letzten Sitze in einem Landesparlament verlor sie 2016 in Mecklenburg-Vorpommern, seit 2019 ist sie auch nicht mehr im Europaparlament vertreten. Damals verlor der Ex-Vorsitzende Udo Voigt sein Mandat im Europaparlament. Am Sonntag stellte die neu benannte Partei „Die Heimat“ erneut Voigt als Spitzenkandidat für die Europawahl im kommenden Jahr auf.

Partei will sich als „Gegenmodell“ zu den „etablierten“ Parteien positionieren

Das Konzept für die Umbenennung war den Angaben zufolge vom Bundesvorstand eingebracht worden: „Die Heimat“ wolle am Aufbau „starker patriotische Netzwerke, wirksamer Bündnisse auf der Straße, in den Parlamenten und im vorpolitischen Raum“ mitwirken und sich so als „Gegenmodell“ zu den „etablierten“ Parteien positionieren. Den völkischen Blickwinkel behält die Partei bei: Sie wolle erreichen, dass „die Deutschen“ nicht „als ethnische Minderheit in der Heimat ihrer Väter leben müssen“.

Die Umbenennung erfolgt rund einen Monat vor einer geplanten Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über den Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung. Es ist das erste Verfahren dieser Art. Nach Überzeugung der Antragsteller reichen die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD für deren Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung aus.

Sollten die Karlsruher Richter den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung bestätigen, würden auch die Steuervergünstigungen für Spenden und andere Zuwendungen an die NPD entfallen. 2017 hatte das Verfassungsgericht einen Antrag auf Verbot der NPD unter Verweis auf ihre Irrelevanz zurückgewiesen. Die NPD sei zu bedeutungslos, um die Demokratie in Deutschland konkret gefährden zu können, befand das Karlsruher Gericht damals.

Im Jahr 1964 gründete sich die in Teilen neonazistische NPD als Sammlungspartei für rechtsextreme Bestrebungen. Mit ihren rassistischen, antisemitischen und antidemokratischen Positionen hatte sie zeitweise begrenzten Erfolg bei Wahlen. In den vergangenen Jahren wurde sie aber zunehmend bedeutungslos - nun ist es offiziell vorbei mit der NPD.

Aufstieg und Fall in den 1960er und 1970er Jahren

Die NPD erlebte in den 60er Jahren eine erste Erfolgswelle. Der Partei gelang der Einzug in sieben der damals elf Landesparlamente. Bei der Bundestagswahl 1969 scheiterte sie mit 4,3 Prozent nur knapp an der Fünfprozenthürde. Der Aufstieg war aber nur ein vorübergehendes Phänomen. In den 70er Jahren verschwand die Partei weitgehend wieder von der Bildfläche.

Wiederaufstieg nach der Wende

Einen Wiederaufstieg mit neuem Personal erlebte die NPD nach der Wiedervereinigung. Wurde sie in den 60er Jahren noch von alten NSDAP-Anhängern getragen, konnte sie nun vor allem bei jenen Wählern in Ostdeutschland punkten, die sich als Verlierer der Wende sahen. In Sachsen war sie von 2004 bis 2014 im Landtag vertreten, in Mecklenburg-Vorpommern von 2006 bis 2016. In beiden Ländern machte sie mit heftigen internen Querelen von sich reden. Der Aufstieg der AfD besiegelte dann das Schicksal der NPD: Die neue Partei war für viele NPD-Wähler attraktiver.

Keine Sitze mehr in Landtagen und Europaparlament

Inzwischen ist die NPD in keinem Landtag mehr vertreten. Ihre letzten Sitze verlor sie 2016 in Mecklenburg-Vorpommern. Bei der Bundestagswahl von 2021 kam sie nur noch auf 0,1 Prozent. Bei der Europawahl 2019 erreichte sie 0,3 Prozent - und verlor damit auch den einen Sitz im Europaparlament, den sie 2014 mit einem Ergebnis von 1,0 Prozent gewonnen hatte. Diese Wahl hatte ohne Sperrklausel stattgefunden.

Die NPD als Fall fürs Verfassungsgericht

In den vergangenen Jahren hatte die NPD vor allem im Zusammenhang mit der Frage eines Parteiverbots von sich reden gemacht. Das Bundesverfassungsgericht lehnte 2017 ein Verbot ab - sein Argument: Die NPD sei zu bedeutungslos, um die Demokratie in Deutschland konkret gefährden zu können. Ein weiteres Verfahren ist derzeit vor dem Verfassungsgericht anhängig: Es geht um die Frage, ob die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden soll. In diesem Fall würden auch die Steuervergünstigungen für Spenden und andere Zuwendungen an die Partei entfallen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzte die Zahl der NPD-Mitglieder 2021 auf rund 3150. Im Jahr 2014 war die Mitgliederzahl noch mit 5200 angegeben worden.

In seinem 2022 veröffentlichten Verfassungsschutzbericht bescheinigte das Bundesamt der NPD einen „deutlichen und kontinuierlichen Mitgliederschwund“, eine „geringe Mobilisierungsfähigkeit“ und eine insgesamt „schwierige Lage“. Allerdings habe die Gruppierung „immer noch Relevanz für die Binnenstruktur der rechtsextremistischen Szene“, befanden die Verfassungsschützer.

Eine erste Erfolgsphase hatte die NPD Ende der 1960er Jahre unter ihrem damaligen Vorsitzenden Adolf von Thadden. Sie war damals in sechs von elf Landesparlamenten vertreten. In den 70er Jahren verschwand die Partei weitgehend wieder von der Bildfläche. Nach der Wende konnte sie in Ostdeutschland zeitweise Erfolge verbuchen: Den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gehörte sie jeweils zehn Jahre lang an. Seit 2014 wird die Partei von dem Vorsitzenden Frank Franz geführt.

AFP