02.02.2021, Baden-Württemberg, Stuttgart: Der Gasverbrauch wird auf einem Gaszähler eines privaten Haushaltes angezeigt. (dpa)
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Angesichts von Mehrkosten in Milliardenhöhe für private Haushalte und Unternehmen infolge der Einführung der Gasumlage häufen sich die Forderungen nach weiteren staatlichen Hilfen - insbesondere für Einkommensschwächere. Die Umlage bedeutet für eine Familie Mehrkosten von fast 600 Euro im Jahr für Gas. Ohne Mehrwertsteuer, wie von der Regierung gewünscht, wären es 484 Euro. Die Unternehmen belastet die Umlage laut Wirtschaftsforschern mit 5,7 Milliarden Euro. Die Höhe der Gasumlage gaben am Montag die Gasnetzbetreiber bekannt: Sie beträgt ab Oktober 2,419 Cent. Das sind für einen Familienhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden 576 Euro, für einen Singlehaushalt mit 5000 Kilowattstunden Verbrauch 144 Euro. Die Umlage soll Gasimporteure entlasten, die wegen der gedrosselten Lieferungen aus Russland anderswo für viel Geld Gas einkaufen müssen, um ihre Verträge zu erfüllen. Ihre Mehrkosten dürfen sie aktuell nicht weiterreichen, die Umlage soll diese Kosten ab Oktober zu 90 Prozent ausgleichen. Damit sollen Firmenpleiten und letztlich Lieferausfälle verhindert werden. CDU und CSU nehmen Ampel ins Visier CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte die Ampel-Regierung wegen des Umgangs mit der Gasumlage. „In wenigen Tagen müssen nun 20 Millionen Gaskunden per Briefpost über eine Umlage informiert werden. Doch wegen der ungeklärten Frage, ob auf die Gasumlage Mehrwertsteuer gezahlt werden muss, steht die Höhe noch gar nicht fest“, sagte Merz am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das sei „Chaos mit Ansage“. Der CDU-Politiker ergänzte: „Mit diesem Vorgehen verspielt die Ampel-Regierung jedes Vertrauen.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat scharf kritisiert, dass die Bundesregierung parallel zur Bekanntgabe der Gasumlage kein Entlastungsprogramm vorgestellt hat. „Die Gasumlagebelastung ohne gleichzeitiges Entlastungsprogramm zu präsentieren, ist respektlos“, sagte Dobrindt. „Bei der Ampel herrscht Konfusion statt klarer Kurs: Mehrwertsteuer-Problematik ungelöst, Rentner-Berücksichtigung bei der Energiepauschale ungelöst, Energiekosten-Explosion für mittlere und kleinere Einkommen ungelöst, aber Gasumlage-Belastungen beschlossen“, bemängelte Dobrindt. „Die Ampel zeigt sich als die Koalition der schnellen Belastungen und des mangelnden Respekts.“ Nun sei dringend ein Entlastungspaket nötig. Sonst würden die Energiekosten für viele Familien zur Armutsfalle. Ökonomen rechnen mit Anstieg der Inflation Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat eine Verschiebung der Gasumlage gefordert. „Die Bundesregierung muss die Einführung der Umlage verschieben, um die offenen Fragen zu klären und das dringend benötigte Hilfspaket zu beschließen“, forderte Verbandsvorsitzende Ramona Pop mit Blick auf angekündigte weitere Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger. Pop verlangte: „Solange die Koalition über weitere Entlastungsmaßnahmen streitet, soll die Umlage steuerfinanziert werden.“ Die Gasumlage wird nach Ansicht von Ökonomen zu einer Steigerung der Inflationsrate führen. „Die nun angekündigte Umlage von 2,419 Cent würde rechnerisch die Inflationsrate um 1,0 Prozentpunkte erhöhen, wenn auf die Umlage auch Mehrwertsteuer erhoben wird, wonach es derzeit aussieht“, sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien. Ohne Mehrwertsteuer läge der Inflationseffekt noch bei 0,8 Prozentpunkten. Der Experte hält es für möglich, dass die Inflationsrate im vierten Quartal „in Nähe von 10 Prozent steigen“ könnte oder sogar darüber hinaus. Experten der Commerzbank gehen von einer Steigerung der Inflationsrate bis Jahresende auf deutlich über neun Prozent aus.

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