2022 US midterm elections (Others)
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Mit Zwischenwahlen werden die sogenannten „Midterm Elections“ zum US-Kongress bezeichnet, die in die Mitte einer vierjährigen Amtszeit des US-Präsidenten fallen. Dabei werden alle Sitze im Repräsentantenhaus (die untere parlamentarische Kammer) und ein Drittel der Sitze im Senat (die obere parlamentarische Kammer) einer Volkswahl unterzogen. Üblicherweise bieten die Zwischenwahlen für die politische Opposition eine Bühne, diesen Wahlgang im Sinne einer Protestwahl gegen den Präsidenten und seine politische Ausrichtung zu nutzen.

Bei den Präsidentschaftswahlen von 2020 hatte sich der Demokrat Joe Biden gegen den Republikaner Donald Trump durchgesetzt. Es war eine aufsehenerregende Wahl, da sich Trump bis zum heutigen Tag weigert, seine Wahlniederlage von damals einzugestehen, und fortgesetzt den Mythos eines Wahlbetrugs bespielt. Aber kein amerikanisches Gericht war bereit, seinen Verschwörungstheorien auch Glauben zu schenken, da es keine schlüssigen Beweise für solche Behauptungen gab oder gibt. Es ist ein Zeichen von demokratischer Qualität, dass ein Politiker, der eine Wahl verliert, dies auch akzeptiert. Es ist das Wechselspiel von Regierung und Opposition, welches eine Demokratie, ihre Qualität, ihre Überlegenheit gegenüber autoritären Staatsformen auszeichnet. Stattdessen versuchte und versucht Trump bereits, auf einen neuerlichen Antritt zur Präsidentschaftswahl von 2024 hinzuarbeiten und sich hier fortgesetzt in einer vermeintlichen Märtyrerrolle zu profilieren.

Die Prognosen für die Zwischenwahlen sprachen gegen die Demokraten

In den ersten beiden Jahren seiner präsidentiellen Amtszeit sah sich Biden einer schwierigen Situation gegenüber. Die demokratischen Mehrheiten im Repräsentantenhaus und Senat waren hauchdünn. Gleichzeitig war die konservative Mehrheit im Supreme Court (dem amerikanischen Verfassungsgerichtshof) so deutlich wie schon lange nicht mehr. Die Wirtschaftslage trübte sich ein, das Vertrauen der Konsumenten wurde wegen der galoppierenden Inflation einem enormen Stresstest unterzogen. Die Demokraten im Kongress verstrickten sich in politischen Flügelkämpfen. Die nationalen Beliebtheitswerte von Präsident Biden waren ebenfalls nicht hoch. Doch über den Sommer 2022 gelang es den Demokraten vereint, mehrere finanzielle und ökonomische Impulsprogramme im Parlament zu verabschieden. Während die Republikaner auf die Wirtschaft fokussierten, betonten die Demokraten vor allem demokratiepolitische Themen, etwa ein Recht auf Abtreibung. Zugespitzt hieß das politische Wettbewerbsspiel also Wirtschaft (die Message der Republikaner) gegen Demokratie (die Message der Demokraten).

Die konventionelle Logik für die Zwischenwahlen 2022 ging davon aus, dass die Republikaner alle Chancen haben würden, zum Teil deutliche parlamentarische Mehrheiten im Repräsentantenhaus und Senat zu erobern und damit der weiteren Präsidentschaft von Biden große Hindernisse in den Weg zu legen. Es ging also auch um die politische Terrainaufbereitung für die kommende Präsidentschaftswahl 2024. Die renommierte Plattform „FiveThirtyEight“ entwickelt regelmäßig Prognosemodelle für amerikanische Wahlen. Für die Zwischenwahlen 2022 sagte „FiveThirtyEight“ Wahlsiege der Republikaner im Repräsentantenhaus mit einer Wahrscheinlichkeit von 84 % und im Senat von 59 % voraus.

Die „rote“ republikanische Welle blieb aus

Trotzdem kam es anders. „Rot“ ist die politische Farbe der konservativen Republikaner. Der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham hielt für die gerade geschlagene Zwischenwahl fest: „Eindeutig keine republikanische Welle, das steht fest“. Auf radikal rechtspopulistischen Plattformen machen bereits Gerüchte über mögliche Wahlmanipulationen im Sinne von Verschwörungstheorien die Runde.

Am Dienstag, den 8. November, wurden die Zwischenwahlen 2022 zum US-Kongress durchgeführt, aber selbst zwei Tage danach steht der definitive Ausgang immer noch nicht fest. Im Repräsentantenhaus sieht es so aus, dass sich eine republikanische Mehrheit ergeben könnte, aber im Senat wird das Ergebnis deutlich knapper ausfallen beziehungsweise ist das Ergebnis eigentlich noch offen. Im Bundesstaat Pennsylvania gelang es dem Demokraten John Fetterman, den republikanischen Amtsinhaber Mehmet Oz deutlich zu schlagen. Der Ausgang der Senatswahlen in Nevada und Arizona ist ebenfalls nicht eindeutig entschieden, wobei in Nevada die Republikaner, hingegen in Arizona die Demokraten im Vorteil sind.

Bei der Senatswahl zu Georgia liegt der demokratische Amtsinhaber Raphael Warnock in den Auszählungen vor seinem republikanischem Herausforderer Herschel Walker. Da jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach keiner der Kandidaten über 50 % der Stimmen kommen wird, wird eine Stichwahl zwischen Warnock und Walker notwendig sein, die auch erst am 6. Dezember stattfinden kann. Gewinnt der Demokrat Warnock diese Stichwahl doch, dann wäre der Senat eventuell wiederum 50 : 50 zwischen Demokraten und Republikanern aufgeteilt, wobei bei Stimmengleichheit bei Abstimmungen die demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris eine Stimme für die Demokraten platzieren könnte. Damit wäre die politische Sitzverteilung im Senat nach 2022 die gleiche wie vor 2022.

Gleichzeitig mit den Zwischenwahlen fanden in mehreren US-Bundesstaaten Referenden statt. Dabei stand öfters das Abtreibungsthema zur Disposition. In fünf Fällen entschieden sich die Wählerinnen und Wähler im Sinne eines Rechts auf Abtreibung, lediglich in Montana stand der Ausgang in den Folgetagen des 8. Novembers noch nicht fest.

Biden versus Trump 2.0 in 2024?

Medial ließ Trump streuen, am 15. November eine „Große Ankündigung“ in Florida machen zu wollen. In Erwartung einer „roten Welle“ eines republikanischen Erdrutschsiegs bei den Zwischenwahlen wurde allgemein davon ausgegangen, dass Trump hier seine Kandidatur für die amerikanische Präsidentschaftswahl 2024 bekannt geben würde. Der schärfste Konkurrent innerhalb der Republikaner für die Bewerbung um die Nominierung für die kommende Präsidentschaftswahl ist aber der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Ausgerechnet DeSantis gelang seine Wiederwahl zum Gouverneur von Florida überzeugend, mit fast 60 % der abgegebenen Stimmen. Über die Medien sprach Trump eine Warnung gegen DeSantis aus, eben nicht für das Präsidentenamt 2024 zu kandidieren. Trump unterstrich, dass er der Bessere für die republikanische Nominierung wäre. Enorme innerparteiliche Spannungen könnten also die Folge sein.

Das Ausbleiben einer roten republikanischen Welle bei den Zwischenwahlen von 2022 hat also Trumps strategisches Kalkül für 2024 irritiert. Innerparteilich mehren sich kritische Stimmen gegen Trump, etwa, dass er für die jetzigen Zwischenwahlen teilweise falsche Kandidaten unterstützt habe. Gewinnt Trump nicht das republikanische Nominierungsticket für 2024, so ist es auch nicht komplett auszuschließen, dass er als Unabhängiger („Independent“) antritt, damit jedoch die republikanische Wählerbasis spalten würde. Wird es also 2024 ein „Biden versus Trump 2.0“ geben? Da passiert möglicherweise aber das, was bereits 2020 eintrat: Ein Referendum für oder gegen Trump zu sein. Dieses ging schon 2020 gegen Trump aus.

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