09.01.2022, Bosnien-Herzegowina, Banja Luka: Mitglieder der Polizeikräfte der Republik Srpska marschieren während einer Parade anlässlich des 30. Jahrestages der Republika Srpska seit ihrer Ausrufung am Vorabend des Bosnien-Kriegs (1992-1995). (dpa)
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Im Sommer 2021 hat der ehemalige hohe Repräsentant Valentin Inzko ein Gesetz erlassen, das die Leugnung des Genozids von Srebrenica unter Strafe stellt. In den folgenden Wochen haben nur zwei Länder die Resolution übernommen: Montenegro und der Kosovo.

Daraufhin haben Vertreter der bosnischen Serben unter Leitung des bosnisch-serbischen Staatsvertreters Milorad Dodik einen Boykott aller wichtigen Institutionen des Landes angekündigt.

Seitdem stehen die Regierungsarbeiten still, aber die Politiker werden weiterhin bezahlt, ohne einen Finger zu rühren.

Radikalisierung nimmt zu

In weiterer Folge äußerten die bosnisch-serbischen Politiker immer mehr radikale Ideen einer Separation der Republika Srpska von Bosnien und Herzegowina, vorrangig einzelne Institutionen wie Streitkräfte, Steuern und auch Justiz.

Diese Gedanken sind für die bosnische Bevölkerung nicht neu. Immer wieder wurde von bosnisch-serbischen Politiker damit gehetzt, um Nicht-Serben zu provozieren und so Wählerstimmen zu gewinnen.

Besonders die Wiedereinführung einer eigenen Armee löst bei vielen Überlebenden des Kriegs Angst aus. Während der Belagerung Bosniens hatte sich die Armee der Republika Srpska an vielen Kriegsverbrechen beteiligt, inklusive ethnischer Säuberung und dem Genozid von Srebrenica.

In den letzten Monaten wurde von serbischen Politikern in Bosnien immer mehr provoziert, und dadurch wurde vielen serbischen Nationalisten der Weg freigemacht, das Gleiche zu tun. Für die bosnische Bevölkerung, besonders für Bosniaken (bosnische Muslime), sind solche Provokationen nichts Neues. Sie haben gelernt, damit zu leben.

Viele von ihnen sind nach der Vertreibung aus den Enklaven in der Republika Srpska wieder zurückgekehrt und versuchen seitdem, sich dort ein neues Leben aufzubauen. Jeder von ihnen hat Familie verloren. Viele suchen noch immer nach den sterblichen Überresten ihrer Familienmitglieder.

Weitere Provokationen

Währenddessen gab es auch in Serbien nationalistische Provokationen. So malten Nationalisten in Belgrad ein Wandbild zu Ehren des verurteilten Kriegsverbrechers Ratko Mladic. Antifaschistische Gruppen versuchen seither vergeblich, das Bild zu entfernen. Geschützt wird das Wandbild von Faschisten und der serbischen Polizei.

In Bosnien und in Serbien kann man sehr oft Aufschriften oder Bilder finden, die den Genozid an den Bosniaken leugnen oder, schlimmer noch, verherrlichen.

Am 9. Januar wurde der Gründungstag der Republika Srpska gefeiert. Dieser Feiertag ist in Bosnien und Herzegowina verfassungswidrig und daher nicht als Feiertag anerkannt. Für Nicht-Serben und vor allem für bosnische Muslime gilt die Gründung der Republika Srpska als Beginn des Genozids an den Bosniaken. Rund um diesen Feiertag sind in mehreren Städten in der Republika Srpska serbische Nationalisten aufmarschiert und haben die bosnische Bevölkerung in Panik versetzt und Kriegserinnerungen wieder aufleben lassen.

Wann folgen Konsequenzen für Dodik?

Von vielen Seiten wird verlangt, dass Dodik und seine Anhänger endlich sanktioniert werden. Bis jetzt hat die internationale Gemeinschaft nur zugeschaut. Einzig die USA haben die Sanktionen gegen Dodik verlängert. Einige EU-Länder befürworten Sanktionen, trauen sich aber nicht, selbst welche zu verhängen.

Dodik bekommt weiterhin Unterstützung von Ungarn, dessen Präsident Orban sich letztens fragwürdig zu den bosnischen Muslimen äußerte, indem er die zwei Millionen ethnischen Bosniaken als Problem für den Beitritt Bosnien und Herzegowinas in die Europäische Union sah.

Zusätzlich wird Dodik von Russland, Polen, Slowenien, Serbien, Kroatien, China sowie rechten Politikern in der EU unterstützt.

In all diesen Ländern solidarisieren sich rechte Politiker mit dem nationalistischen Gedankengut Dodiks, dessen Ziel es ist, die Republika Srpska zu separieren und diesen Landesteil in die „serbische Welt“ zu integrieren.

Dieses nationalistische Konzept existierte schon während des Krieges in Bosnien, das das Ziel hatte, alle Nicht-Serben aus der heutigen Republika Srpska zu vertreiben oder auszulöschen.

Für Dodik steht dieses Jahr viel auf dem Spiel, da im Herbst neue Wahlen anstehen und er einiges an Popularität verloren hat. Zudem hat er immense Schulden, die auch beglichen werden müssen.

Was kann getan werden?

Die internationale Gemeinschaft muss endlich eine klare Haltung beziehen, und es muss gehandelt werden. Bosnien kommt nicht alleine aus dieser Krise heraus.

Des Weiteren müssen unbedingt weitere Länder die Srebrenica-Resolution einführen, um die Genozidleugnung auch in anderen Ländern zu unterbinden und somit ein klares Zeichen zu setzen.

Viele Menschen in der EU haben keine Ahnung, was sich in Bosnien in den 90er Jahren abgespielt hat. Es leben hunderttausende von Menschen mit einem ex-jugoslawischen Migrationshintergrund im deutschsprachigen Raum. Die Mehrheit von ihnen lernt über den Krieg in Bosnien, wenn überhaupt, von Verwandten und nicht aus Geschichtsbüchern.

Das Zerbrechen Jugoslawiens ist europäische Geschichte. Genauso ist Bosnien und Herzegowina ein europäisches Land, und die Bevölkerung Bosniens hat es verdient, endlich auch so behandelt zu werden. Das Land braucht Solidarität, Stabilität, Rechtsordnung und Menschenrechte und keine Politiker, die Hass und Angst unter der Bevölkerung schüren, sodass einige Menschen in der Bevölkerung wieder an Krieg denken müssen. Damit muss Schluss sein

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