Archivbild: Necdet Kent (Others)
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Am heutigen Holocaust-Gedenktag wird weltweit der Millionen Opfer des Nazi-Regimes gedacht. Doch auch historische Persönlichkeiten wie der türkische Diplomat Necdet Kent, der 1943 in Marseille dutzende Juden vor dem Tod in der Gaskammer rettete, werden an diesem Tag vielen Menschen ins Gedächtnis gerufen.

Über geplanten Transport ins Vernichtungslager alarmiert

Kent arbeitete von 1942 bis 1945, dem Höhepunkt der Ausrottungspolitik gegen Juden durch das Nazi-Regime, im türkischen Generalkonsulat in besetzten Marseille. Als Vizekonsul wurde er eigenen Angaben zufolge an einem Abend im Jahr 1943 von einem Mitarbeiter des Generalkonsulats alarmiert. Demnach informierte dieser Kent, dass etwa 80 Juden in einen Viehwaggon hineingedrängt worden waren, um anschließend in einem deutschen Konzentrationslager ermordet zu werden.

Um den Menschen in Not zur Hilfe zu eilen, begab sich Kent zum Bahnhof Marseille-Saint-Charles. Wie er Jahre später der „Jerusalem Post“ mitteilte, konnte er die Inschrift auf dem Waggon nicht vergessen: „Dieser Waggon kann mit 20 Stück Vieh und 500 Kilogramm Gras beladen werden.“

Kent sei am Bahnhof von einem Gestapo-Kommandanten konfrontiert worden. Entgegen den Forderungen der Gestapo, den Bahnhof zu verlassen, stieg er eigenen Darstellungen zufolge jedoch zum Zeichen der Solidarität mit den Juden in den Waggon ein. Zuvor hatte er erklärt, es handele sich bei den Festgehaltenen um türkische Staatsangehörige - was der Kommandant jedoch nicht akzeptierte.

Türkischer Diplomat stellte auch türkische Pässe an gefährdete Juden aus

An der nächsten Station habe Kent wie bereits auf dem Bahnhof in Marseille darauf gepocht, die betroffenen Personen freizulassen, da diese türkische Staatsbürger seien und ein derartiges Vorhaben nicht geduldet werden könne. Die etwa 80 Juden, die auf Nachfrage dessen Angaben, türkische Staatsbürger zu sein, bestätigten, durften auf Druck des türkischen Diplomaten schließlich den Waggon verlassen. Das Leben der Betroffenen war auf diese Weise gerettet. Die etwa 80 Juden im Viehwaggon sollten jedoch nicht die einzigen Unterdrückten sein, denen Kent zur Hilfe eilte. Er soll auch zahlreichen weiteren Juden einen türkischen Pass ausgestellt haben, damit diese dem Nazi-Terror entkommen und ihr Leben retten konnten.

Der im Jahr 1911 geborene Kent, der heute noch als „türkischer Holocaust-Held“ bezeichnet wird, war unter anderem in Frankreich und in den USA jahrelang als Diplomat tätig. Nach seinem Tod im Jahr 2002 wurde er 2005 posthum mit der „Raoul Wallenberg Medal“ ausgezeichnet. Bei der Übergabezeremonie war sein Sohn Muhtar Kent, der als CEO des Riesenkonzerns Coca-Cola bekannt wurde, stellvertretend für den Diplomaten anwesend. Als sein Vater gefragt worden sei, warum er damals den Juden geholfen habe, hatte der Diplomat demnach geantwortet: „Ich tat es, weil es das Richtige war.“

TRT Deutsch