19.06.2020, Nordrhein-Westfalen, Rheda-Wiedenbrück: Mitarbeiter verlassen das Firmengelände des Fleischwerks Tönnies. (dpa)
Folgen

Nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischproduzenten Tönnies müssen sämtliche Mitarbeiter am Standort Rheda-Wiedenbrück in Quarantäne. Das betreffe auch die Verwaltung, das Management und die Konzernspitze, teilte der Kreis Gütersloh am Freitagabend mit. Auch sämtliche „Haushaltsangehörige“ der Beschäftigten seien unter Quarantäne.
Einige Mitarbeiter können den Angaben nach in sogenannte Arbeitsquarantäne. Das heißt, dass sie sich nur zwischen Arbeits- und Wohnort bewegen dürfen. Das gilt auch für Clemens Tönnies, Gesellschafter von Deutschlands größtem Schlachtbetrieb Tönnies, wie ein Konzernsprecher der Deutschen-Presse Agentur sagte.
„Wir werden alles unternehmen, um einen weitreichenden Lockdown im Kreis Gütersloh zu verhindern. Leider müssen wir feststellen, dass die für das Personal in den Produktionsbereichen am 16. Juni erlassenen Quarantänen nicht von allen eingehalten wurden“, sagte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) laut Mitteilung. Die Überprüfung der Quarantäne werde mit den örtlichen Ordnungsbehörden und mit weiteren auswärtigen Kräften deutlich verstärkt. Wie viele Menschen nun konkret betroffen sind, blieb zunächst offen. Landrat Adenauer hatte bereits zuvor Quarantäne für rund 7000 Menschen verfügt. Das wurde nun ausgeweitet.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach forderte indes, die Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück sofort zu schließen. Er halte es für „nicht vertretbar“, dass überhaupt noch in dem Werk gearbeitet werde, sagte Lauterbach am Samstag im WDR-Fernsehen.
Die Quelle der Infektionen sei noch nicht entdeckt. „Wir wissen nicht, ist das in der Kantine passiert, auf dem Weg dorthin, in der Verarbeitung selbst, ist es die Lüftung? Das heißt, da könnten sich jetzt auch weiterhin Leute infizieren. Ich würde unter diesen Umständen den Betrieb dicht machen.“ Er wisse, dass das Fleisch dann nicht mehr zu verarbeiten sei. „Dann ist das so.“

803 Infizierte registriert
Nach Angaben des Kreises wurden mittlerweile 3500 Tests bei der Firma Tönnies vorgenommen. Am Freitag seien allein 1450 Mitarbeiter getestet worden, berichtete der Kreis am späten Nachmittag. Bislang wurden insgesamt 803 Infizierte registriert. 463 Testergebnisse waren negativ. Die restlichen Befunde stehen noch aus.
Der Tönnies-Betrieb in Rheda-Wiedenbrück steht wegen des Corona-Ausbruchs seit Mittwoch weitgehend still. Laut Kreis-Angaben wurden am Freitag der Lebensmittelbetrieb und der Werksverkauf für die Öffentlichkeit geschlossen. Die Zerlegebetriebe und der Versand würden am Samstagabend geschlossen, so der Kreis. Die Maßnahmen sollen laut Kreis überwacht werden, Tore seien verplombt worden. „Die Schließungen umfassen einen Zeitraum von 14 Tagen“, hieß es.
Der Kreis teilte zudem mit, dass der Krisenstab weitere externe Unterstützung angefordert habe: So sollten 20 Scouts der Bundeswehr dem Kreis beim „Kontaktmanagement“ helfen. Auch das Land NRW sei um Hilfe gebeten worden. Mit einer großen Zahl an mobilen Teams sollten Unterkünfte aufgesucht werden, um dort Abstriche zu machen und medizinisch zu beraten. Zudem sei ein Hilfeersuchen an die Polizei gegangen, die bereits zugesagt habe: Die Beamten sollen den Ordnungsbehörden der Kommunen im Kreis bei der Quarantäneüberprüfung helfen. Seit Freitag sind im Kreis bereits 25 Bundeswehr-Soldaten im Einsatz. Sie helfen den Angaben zufolge bei den großangelegten Reihentestungen bei Tönnies.




dpa