15.01.2020, Schleswig-Holstein, Kiel: Das beleuchtete Werftgelände von ThyssenKrupp Marine Systems am Ufer der Förde ist vor Sonnenaufgang zu sehen. Im Streit über die Vergabe des Milliardenauftrags für das künftige deutsche Kampfschiff „MKS 180“ ist der Weg nun frei. (dpa)
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Im Streit über die Vergabe des Milliardenauftrags für die geplanten deutschen Mehrzweckkampfschiffe sind die Hürden nun aus dem Weg geräumt. Die im Bieterverfahren unterlegene Kieler Werft German Naval Yards zog nun einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes zurück. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hofft noch vor der Sommerpause auf grünes Licht des Bundestages für die Pläne, wie die CDU-Chefin am Freitag erklärte.
Mit dem „MKS 180“ will das Verteidigungsministerium ein neuartiges Mehrzweckkampfschiff anschaffen, das von der Marine als „Allzweckwaffe“ bezeichnet wird. Für die Beschaffung von vier Schiffen sind insgesamt 5,27 Milliarden Euro veranschlagt. Es ist der größte Marineauftrag dieser Art in der Geschichte der Bundeswehr, und er soll - ein Novum - unter Federführung der niederländischen Damen-Werft vor allem bei Blohm und Voss in Hamburg realisiert werden.
Für die deutschen Werftmanager war das ein Schlag, der Gewissheiten ins Wanken brachte. Zwar liegen Jahre schlagzeilenträchtiger Pannen und Verzögerungen beim Bau von Kriegsschiffen hinter der Branche. Doch die Chefs traten selbstbewusst auf, mitunter verärgerte eine demonstrative Breitbeinigkeit auch Militärplaner, die in Erinnerung rufen mussten, dass die deutschen Streitkräfte „Premiumkunde“ sind.
Fusion vor dem Hintergrund eines Milliardengeschäfts
Nun der zweite Paukenschlag: Nachdem das Verteidigungsministerium, das Wirtschaftsministerium und auch das Kanzleramt in der Mediatorenrolle unterwegs waren, legen die Bremer Lürssen-Werft, zu der auch Blohm und Voss gehört, und die German Naval Yards Kiel ihre Marinesparten zusammen. Die im U-Boot-Geschäft starke Werft Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) bleibt außen vor. Treiber dieser Entwicklung, bei der sich Nr. 2 und 3 der Branche verbünden, ist das erwartete Milliardengeschäft mit den „MKS 180“.
„Gestern Abend ist mir ein schwerer Stein vom Herzen gefallen. Ich freue mich, dass wir im Prozess um die Beschaffung des MKS180 jetzt weitergehen können“, schrieb Marine-Inspekteur Andreas Krause am Freitag auf Twitter. „Wir brauchen diese Schiffe so dringend zur Erfüllung der uns übertragenen Aufgaben.“
Das MKS soll in der Lage sein, „einerseits überall auf der Welt lange Zeit große Seeräume zu patrouillieren, Embargos zu überwachen und notfalls deutsche Staatsbürger aus Krisensituationen zu evakuieren, andererseits im Nordatlantik oder Mittelmeer sich notfalls im Seegefecht gegen andere Kriegsschiffe seiner Art und U-Boote durchsetzen zu können“, hat die Marine in der Vergangenheit erklärt.
Das Schiff, dessen Länge mit etwa 155 Metern Konstruktionswasserlinie angegeben wird, soll zwei Jahre im Einsatzgebiet bleiben können. Die rund 110-köpfige Besatzung wird dann alle vier Monate rotieren. Das Schiff soll mit Einbaumodulen für unterschiedliche militärische Missionen ausgerüstet werden können - beispielsweise als U-Boot-Jäger oder als schwimmender Stützpunkt für Anti-Piraterie-Missionen.
Linken: Fünf Milliarden Euro verpulvert
Kramp-Karrenbauer will nun schnell den Bundestag überzeugen. „Bis zur Sommerpause werde ich das Parlament um Haushaltsfreigabe bitten und ich bin sehr optimistisch, dass wir dann noch dieses Jahr einen Vertrag zum ‚MKS 180‘ abschließen können“, schrieb sie auf Twitter. Auch der Koalitionspartner SPD hat in den Werftenstandorten starke eigene Interessen.
Kritik kam am Freitag von der Linken. „Wer mitten in der Krise für vier Kampfschiffe fünf Milliarden Euro verpulvern will, hat die Dimension der Krise nicht verstanden“, meinte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. „Annegret Kramp-Karrenbauer sollte vielmehr schnell eine Liste vorlegen, auf welche Projekte sie wegen der Krise verzichten wird.“

dpa