Berlin: Ein Elektroniker-Lehrling arbeitet auf einer Baustelle (dpa)
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Ob Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Verlängerung der Ausnahmegenehmigung für Arbeitsmigranten aus den Westbalkan-Staaten vorantreiben wird, ist wieder offen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen will die Unionsfraktion in der kommendenWoche eine endgültige Position dazu formulieren.
Hintergrund für einen möglichen Sinneswandel ist nach Informationen der „Deutschen Presse-Agentur“ die durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gestiegene Zahl von Arbeitslosen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), hält es für sinnvoller, mehr anerkannte Flüchtlinge in Arbeit zu bringen.
Im Fall einer Verlängerung wäre hingegen kein Konflikt mit dem in dieser Frage federführenden Arbeitsministerium zu erwarten, wie es auf Nachfrage aus dem Bundesinnenministerium hieß. Für wie viele weitere Jahre die Regelung dann gelten würde, sei noch nicht entschieden.
Seit Januar 2016 können Menschen aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien und dem Kosovo ein Arbeitsvisum für Deutschland erhalten - auch ohne Deutschkenntnisse und berufliche Qualifikation. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller einen Arbeitsvertrag vorweisen kann und dass die Bundesagentur für Arbeit zustimmt. Auch darf er vorher keine Sozialleistungen bezogen haben.
Die Regelung war als Reaktion auf die hohe Zahl von Asylbewerbern geschaffen worden. Sie soll eigentlich Ende Dezember auslaufen.
58 Prozent sind Fachkräfte
Eine im April veröffentlichte Studie im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums stellt fest, dass Menschen, die in den ersten zwei Jahren über die Westbalkanregelung nach Deutschland gelangten, im Schnitt brutto zwölf Euro pro Stunde verdienen. 13 Prozent von ihnen sind Frauen.
Die Studie zeigt, dass 58 Prozent der Menschen, die in den ersten zwei Jahren kamen, als Fachkräfte arbeiten. Viele von ihnen verfügten nicht über eine Berufsausbildung, jedoch über „informelle Qualifikationen“.
„Das Festhalten der Union an starren Qualifikationsvoraussetzungen, die einem deutschen Abschluss gleichwertig sein sollen“, sei falsch, sagte die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Filiz Polat. „Es zahlt sich aus, Menschen in Deutschland eine Chance zu geben, unabhängig davon ob sie einen Universitätsabschluss oder einen deutschen Meisterbrief in der Tasche haben.“

dpa