Bundestag: Finanzausschuss soll Wirecard-Skandal aufklären (Symbolbild)  (dpa)
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Der Finanzausschuss des Bundestags will mit einer Sondersitzung kommende Woche die Aufklärung im milliardenschweren Wirecard-Skandal vorantreiben. Zu der Sitzung wurden auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geladen, sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Paus. Damit solle die „politische Verantwortung“ bei dem Skandal aufgearbeitet werden. Ein Sprecher von Scholz signalisierte, dass der Minister persönlich zu der Sondersitzung kommen werde. Erst am Wochenende war bekannt geworden, dass sich das Bundeskanzleramt noch im vergangenen Herbst für Wirecard und dessen damals geplanten Markteintritt in China eingesetzt hatte. Allerdings war Scholz nach Angaben seines Ministeriums bereits im Februar 2019 darüber unterrichtet worden, dass die Bafin bei Wirecard wegen Marktmanipulation ermittelt. Daraufhin wurde am Montag die kurzfristige Einberufung der Sondersitzung des Finanzausschusses bei Beratungen der Ausschuss-Obleute vereinbart. Vorbehaltlich der Genehmigung des Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) sei die Sondersitzung dabei für den 29. Juli angesetzt worden, erklärte Paus. „Die parlamentarische Aufklärung des Wirecard-Skandals muss noch in der Sommerpause vorangebracht werden.“

Druck auf die Bundesregierung wird erhöht

Auch FDP und Linke wollen mit der Sondersitzung den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. „Der bisherige Versuch von Minister Scholz, nur scheibchenweise aufzuklären und sich im Übrigen selbst zu bescheinigen, dass bei der Aufsicht über Wirecard keine Fehler gemacht wurden, ist krachend gescheitert“, erklärte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar. Die Sondersitzung sei nun die „letzte Gelegenheit für die Regierung, alle Fakten in Sachen Wirecard auf den Tisch zu legen“, so Toncar. Andernfalls werde sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss nicht mehr vermeiden lassen. Die Linkspartei mahnte eine Klärung „aller offenen Fragen“ durch die Bundesregierung zu deren Einsatz für Wirecard in China an. „Unumgänglich“ sei jenseits der Sondersitzung unter anderem der Aktenzugang zum Bericht der Prüfgesellschaft KPMG sowie zu den Sonderprüfungen der Wirecard-Bank, erklärte der Linken-Fraktionsvize und Obmann im Finanzausschuss, Fabio De Masi. „Je schneller dies erfolgt, desto zügiger können wir uns der Reform der Finanzaufsicht und der Wirtschaftsprüfungsunternehmen widmen.“

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will persönlich erscheinen

Die Unionsfraktion begrüßte den Beschluss der Obleute. „Bereits vor der Sommerpause haben wir darauf hingewiesen, dass es einer zusätzlichen Sitzung des Finanzausschusses in der sitzungsfreien Zeit bedarf“, erklärte die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann. „Nur so erreichen wir eine lückenlose Aufklärung.“ Scholz plant offenbar, persönlich zu der Sondersitzung zu kommen. Er habe bereits vergangene Woche angeboten, in einer Sondersitzung des Finanzausschusses „den Sachstand zu erläutern“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Ein Sprecher Altmaier sagte, das Wirtschaftsministerium komme „solchen Bitten natürlich nach“. Am Wochenende war bekannt geworden, dass sich das Kanzleramt bei einer Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach China im September 2019 für Wirecard eingesetzt hatte. Nach Angaben eines Regierungssprechers wurde damals eine „Flankierung“ des beabsichtigten Markteintritts von Wirecard in China zugesagt. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte dazu am Montag, die Bundeskanzlerin habe in ihrem Gespräch in China „neben anderen Themen andere Unternehmen betreffend auch das Thema Wirecard angesprochen“. Die Bundesregierung setze sich regelmäßig für die Interessen von Unternehmen ein. Wirecard hatte eingestanden, dass in der Jahresbilanz 1,9 Milliarden Euro fehlen und das Geld vermutlich gar nicht existiert. Der Börsenkurs des Dax-Konzerns stürzte ab, das Unternehmen meldete Insolvenz an. In dem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft München I.

dpa