19.02.2021, Sachsen, Bannewitz: Ein Helfer bereitet in einem sogenannten „rollenden Impfzentrum“, das für einen Testlauf in Bannewitz bei Dresden steht, Impfstoff gegen Covid-19 von Biontech/Pfizer für eine Impfung vor. (dpa)
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Die Pharmaunternehmen Pfizer und Biontech sollen Medienberichten zufolge im Juni für den von ihnen entwickelten Corona-Impfstoff von der EU 54,08 Euro pro Dosis verlangt haben. Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Recherche von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ behaupteten die Unternehmen in dem Angebot auch, die Entwicklung des Corona-Vakzins „komplett selbst finanziert“ zu haben. Im November einigten sich dem Bericht zufolge beide Seiten auf 15,50 Euro pro Dosis.

Bei einer Abnahme von 500 Millionen Dosen, was für rund die Hälfte der Bevölkerung der EU reicht, hätten die Unternehmen in ihrem ursprünglichen Angebot insgesamt etwa 27 Milliarden Euro verlangt. Biontech und Pfizer schrieben dem Bericht zufolge, der Preis beinhalte bereits „den höchsten prozentualen Rabatt“, der einem Industrieland weltweit angeboten worden sei. Der Preis von 54,08 Euro ist laut dem Bericht allerdings mehr als 20 Mal so teuer wie beim Impfstoff von Astrazeneca.

Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Wolf Dieter Ludwig, sagte dem Rechercheverbund, er halte einen solchen Preis für „unseriös“ und sehe „darin ein Profitstreben, das in der jetzigen Situation der Pandemie in keiner Weise gerechtfertigt ist“.

Für Verwirrung habe dem Bericht zufolge auch die Formulierung in dem Angebot an die EU gesorgt, die Unternehmen hätten die Impfstoff-Entwicklung „komplett selbst finanziert“. Zumindest die deutsche Firma Biontech habe seit ihrer Gründung Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe erhalten oder zugesagt bekommen.

Biontech-Chef Şahin weist Vorwürfe zurückDer Gründer des Mainzer Pharmaunternehmens Biontech, Uğur Şahin, hat Berichte über überzogene Preisforderungen für den gemeinsam mit dem US-Hersteller entwickelten Corona-Impfstoff zurückgewiesen. Im Juli sei für alle Industriestaaten mit entsprechend großen Bestellmengen ein Preismodell berechnet worden, sagte Şahin der „Bild“-Zeitung.

„Die Preise lagen je nach Bestellmenge zwischen 30 und 15 Euro“, fügte er hinzu. „Am 22. Juli haben wir den USA-Vertrag auf Basis der neuen Parameter unterschrieben, aus dem die 19,50 Dollar ersichtlich waren. Dieses Preismodell haben dann alle Industriestaaten erhalten.“

Bei der Preisfindung habe es eine große „Reihe von Unbekannten“ gegeben, sagte Şahin. Der Impfstoff sei anfangs nur in kleinen Mengen Dosen für die klinischen Studien hergestellt worden. Für 2000 Dosen seien damals Kosten von 1,5 Millionen Euro angefallen, sagte der Biontech-Gründer. „Die Infrastruktur für die Massenproduktion gab es nicht. Wir wussten zum damaligen Zeitpunkt schlicht noch nicht, wie sich die Produktion genau skalieren lässt, was genau die Studien bezüglich der mRNA-Dosierung ergeben und wie die Produktionsabläufe und Kosten genau sein werden.“

Eine eigene „große Produktion wie das Marburger Werk war auch nicht in Sicht“, fügte Şahin hinzu. „Als wir wussten, wie wir Kosten senken und die Skalierung aufbauen können, haben wir in kürzester Zeit – keine drei Wochen später – ein neues Angebot zusammen mit Pfizer erstellt.“

Der neuartige mRNA-Impfstoff von Biontech und Pfizer war am 21. Dezember in der EU zugelassen worden. Die EU-Kommission hatte im Herbst 300 Millionen Dosen des Präparats bestellt. Im Februar sicherte sich die EU bis zu 300 Millionen weitere Impfdosen.

AFP