Symbolbild. 10.12.2021, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steigt am Flughafen BER in einen Airbus der Flugbereitschaft, um nach Paris zu fliegen. (dpa)
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Bundeskanzler Olaf Scholz hat nicht vor, zu den Olympischen Winterspielen nach Peking zu reisen. „Ich habe keine Reisepläne“, sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend im ZDF-„heute journal“. „Deshalb kann man nicht davon ausgehen, dass ich plötzlich da auftauche und sage: Hallo, hier bin ich.“ Allerdings will sich Scholz „in Kürze“ zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau begeben.

Söder für Anwesenheit eines Regierungsvertreters
Scholz hatte Fragen nach einem Besuch der Olympischen Spiele über viele Wochen unbeantwortet gelassen. Noch am Mittwochnachmittag hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf eine entsprechende Frage gesagt: „Über Reisen des Bundeskanzlers werden wir Sie zeitnah informieren.“ Zur Eröffnungsfeier am Freitag werde Scholz aber sicher nicht fliegen. Dazu werden unter anderen der russische Präsident Wladimir Putin, die Staatschefs von Polen, Serbien, Ägypten, Argentinien, Kasachstan und Turkmenistan sowie der Kronprinz von Saudi-Arabien in Peking erwartet.
Ob überhaupt ein offizieller Vertreter der Bundesregierung an der Feier im Olympiastadion der chinesischen Hauptstadt teilnehmen wird, konnte Regierungssprecher Hebestreit nicht sagen. Das Auswärtige Amt teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass von seiner Seite sicher niemand dabei sein werde - also auch kein Vertreter der deutschen Botschaft in Peking. CSU-Chef Markus Söder forderte die Teilnahme eines Regierungsvertreters an der Feier. „Ich finde, eine deutsche Außenpolitik muss bei aller Skepsis auch im Gespräch bleiben.“
Die USA hatten schon vor Wochen einen diplomatischen Boykott der Spiele vom 4. bis 20. Februar angekündigt. Australien, Kanada, Großbritannien und Neuseeland schlossen sich an. Hintergrund ist vor allem die Menschenrechtslage im bevölkerungsreichsten Land der Welt. Die Führung in Peking steht wegen ihres Umgangs mit den muslimischen Uiguren in der Provinz Xinjiang und den Tibetern in der Kritik, aber auch wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong, der Verfolgung von Falun Gong oder Drohungen gegen Taiwan.

Reise zu Putin – Machtwort zu Schröder

Auf jüngste Äußerungen von Altkanzler Gerhard Schröder zur Ukraine-Krise reagiert Scholz mit einem Machtwort: „Wenn ich die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland richtig verstehe, gibt es nur einen Bundeskanzler, und das bin ich.“
Schröder hatte am Freitag die Forderungen der Ukraine nach Waffenlieferungen als „Säbelrasseln“ kritisiert. Scholz sagte dazu: „Ich habe ihn nicht um Rat gefragt, er hat mir auch keinen gegeben.“ Der Kanzler widersprach auch Darstellungen, dass seine Partei in der Ukraine-Krise keine einheitliche Linie verfolge. „Die SPD ist sehr einig und sie steht hinter der Politik, die der Kanzler verfolgt.“
Kritik der Bündnispartner und Vermisstenanzeigen auf Twitter
Scholz wird vorgeworfen, in der Ukraine-Krise zu zurückhaltend zu agieren. Erst nach langem Zögern legte er die die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 als mögliches Sanktionsinstrument auf den Tisch – und das auch nur verdeckt, ohne sie beim Namen zu nennen. Gleichzeitig erteilte er Waffenlieferungen an die Ukraine eine klare Absage, was ihm nun von der Ukraine und östlichen Nato-Bündnispartnern übel genommen wird. Auch in den USA werden Zweifel an der Verlässlichkeit Deutschlands laut.
Das tagelange Schweigen des Kanzlers dazu hat in sozialen Medien die heiß diskutierte Frage aufgeworfen: „Wo ist Scholz?“ Vor allem über Twitter werden Vermisstenanzeigen geschickt und gefragt: „Hat er auch vergessen, dass er Kanzler ist?“
Zweifel an deutscher Zuverlässigkeit? - „Das geschieht nicht“
Mit dem Interview meldet er sich nun zurück und versucht, aus der Defensive zu kommen. Dass Bündnispartner Deutschland als unzuverlässig ansehen, bestreitet er: „Das geschieht nicht. (...) Unsere Verbündeten wissen ganz genau, was sie an uns haben.“ Der Kanzler verweist auf den deutschen Beitrag zur Abschreckung der Nato gegenüber Russland und auf Finanzhilfen für die Ukraine von fast zwei Milliarden Euro in den letzten Jahren.
Er bekräftigt auch die Strategie der SPD und seiner Regierung in der Ukraine-Krise. Russland droht der Kanzler erneut mit Sanktionen für den Fall eines Einmarsches in die Ukraine und signalisiert gleichzeitig seine Bereitschaft, über Deeskalation zu sprechen. Viele Menschen fürchteten einen Krieg mitten in Europa, sagt Scholz. „Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, mit dieser Doppelstrategie dafür zu sorgen, dass es dazu nicht kommt.“
Keine Begegnung mit Putin in Peking
Während sich die Scholz-Reise nach Moskau konkretisiert, steht ein anderes Ziel vorerst nicht auf dem Reiseplan des Kanzlers: Peking. In den vergangenen Wochen hatte Scholz die Frage, ob er zu den Olympischen Spielen reist, unbeantwortet gelassen. Jetzt sagt er: „Ich habe keine Reisepläne. Deshalb kann man nicht davon ausgehen, dass ich plötzlich da auftauche und sage: Hallo, hier bin ich.“
Ob überhaupt ein offizieller Vertreter der Bundesregierung an der Feier im Olympiastadion der chinesischen Hauptstadt teilnehmen wird, ist weiter unklar. Das Auswärtige Amt teilte auf dpa-Anfrage mit, dass von seiner Seite sicher niemand dabei sein wird – also auch kein Vertreter der deutschen Botschaft in Peking.

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dpa