Der russische Premierminister Michail Mishustin führt am 8. April 2020 in Moskau, Russland, den Vorsitz bei einem Treffen über Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit (COVID-19) per Videolink. (Reuters)
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Russlands Regierungschef Michail Mischustin hat sich mit dem Coronavirus infiziert und seine Amtsgeschäfte vorläufig niedergelegt. Er begebe sich in Selbstisolation, sagte der 54-Jährige am Donnerstagabend in Moskau.
Das Staatsfernsehen übertrug eine entsprechende Videoschalte des Ministerpräsidenten mit Kremlchef Wladimir Putin. Der Präsident äußerte die Hoffnung auf eine rasche Genesung Mischustins. Vize-Regierungschef Andrej Beloussow (61) soll nunmehr die Aufgaben Mischustins übernehmen. Putin ernannte ihn vorübergehend per Erlass zum Ministerpräsidenten.
Die Arbeit des Krisenstabs müsse weitergehen, hieß es. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte, dass der Politiker nach seiner Genesung wieder auf seinen Posten zurückkehren solle.
Mischustin war bislang Russlands wichtigster Manager im Kampf gegen die Corona-Krise. In der russischen Hauptstadt gelten seit Wochen sehr strenge Ausgangssperren für Bürger wegen der Pandemie. Politiker allerdings bewegen sich frei und arbeiten weiter in ihren Büros.
„Sie sind ein sehr aktiver Mensch, ich möchte Ihnen für Ihre Arbeit danken, die bisher erledigt wurde“, sagte Putin bei der im Fernsehen gezeigten Schalte mit Mischustin. „Sie und die Mitglieder der Regierung, die Kollegen in der Präsidialverwaltung befinden sich zweifellos in einer Zone des besonderen Risikos“, meinte Putin. Trotz aller Vorsicht gebe es immer wieder zwischenmenschliche Kontakte. Solch eine Infektion könne jedem passieren, sagte der Präsident. Die beiden Politiker hatten sich zuletzt im März persönlich gesehen.
Regierungschef Mischustin forderte seine Landsleute in einer Stellungnahme auf, die Krankheit maximal ernst zu nehmen und an den Mai-Feiertagen zu Hause zu bleiben. Wer gegen Ausgangssperren verstößt, dem drohen etwa in Moskau hohe Geldstrafen. Tausende Sicherheitskräfte kontrollierten am Freitag auf den weitgehend leeren Straßen der russischen Hauptstadt die Lage.
110 000 Corona-Infizierungen in Russland
Das Virus breitet sich trotz des Lockdowns im flächenmäßig größten Land der Erde massiv aus. Die Zahl der Infizierten stieg am Freitag um fast 8000 neue Fälle auf mehr als 110 000. Mehr als 1100 Infizierte starben. Wegen der dramatischen Lage ordnete Putin bis 11. Mai arbeitsfrei bei voller Lohnzahlung an. Ob es danach Lockerungen geben wird, ist unklar. Als erste Region führt das Moskauer Gebiet eine Pflicht für Mund- und Nasenschutz ein.
Ministerpräsident Mischustin, der erst seit rund 100 Tagen im Amt ist, arbeitete seit Wochen im Krisenmodus. Er hatte im Januar mit seinem neuen Kabinett die Regierungsarbeit von Dmitri Medwedew übernommen. Alle, die mit ihm Kontakt hatten, seien isoliert und würden zusätzlich getestet, sagte Regierungssprecher Boris Beljakow nach Angaben der Agentur Interfax. Es habe nur wenige persönliche Kontakte gegeben. Mischustin sei unter ärztlicher Beobachtung in einer medizinischen Einrichtung, sagte er.
Die Regierung hält ihre Konferenzen per Video ab. Der 67-jährige Putin etwa arbeitet von seiner Vorstadtresidenz Nowo-Ogarjowo aus. Auch Parlamentsabgeordnete waren zuletzt an Covid-19 erkrankt. Das russische Militär meldete ebenfalls rasant steigende Infektionszahlen in den Streitkräften - mehr als 2500 Menschen.

dpa