Nord Stream 2: Merkel will mit Biden über US-Sanktionen sprechen (Symbolbild) (dpa)
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Im Fall der umstrittenen Gas-Pipeline Nord Stream 2 gibt es nach dem Machtwechsel in den USA wachsenden Gesprächsbedarf zwischen Berlin und Washington. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Donnerstag, dass die Bundesregierung mit der neuen US-Regierung von Präsident Joe Biden über das Thema sprechen werde. „Dann müssen wir aber auch darüber sprechen, welche Wirtschaftsbeziehungen mit Russland im Gasbereich akzeptabel sind und welche nicht“, fügte sie hinzu. Es sei nicht so, dass zwischen den USA und Russland gar keine Handelsbeziehungen bestünden, sagte Merkel und verwies auf den Ölbereich. „Das heißt, das müssen wir dann alles auf den Tisch legen.“ Dabei müsse es auch darum gehen, welche Abhängigkeit „tolerabel“ sei. Merkel bekräftigte die ablehnende Haltung der Bundesregierung zu extraterritorialen Sanktionen. Diese seien „ein Mittel, das aus meiner Sicht nicht in Ordnung ist“. Zugleich hob die Kanzlerin hervor, dass sich ihre „Grundeinstellung“ zur Pipeline noch nicht dahingehend geändert habe, „dass ich sage, das Projekt soll es nicht geben“.

Washington verhängte Strafmaßnahmen gegen ein am Bau der Pipeline

Nord Stream 2 soll das Potenzial für russische Gaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen, schürt aber Spannungen sowohl innerhalb Europas als auch mit den USA. Die US-Regierung von Donald Trump hatte den Bau der Pipeline entschieden abgelehnt und bereits Ende 2019 Sanktionen verhängt; am Dienstag - einen Tag vor dem Amtsantritt Bidens - verhängte Washington Strafmaßnahmen gegen ein am Bau der Pipeline beteiligtes russisches Verlegeschiff. Derzeit ist die Pipeline nach Angaben der Betreibergesellschaft Nord Stream 2 AG, an der neben dem russischen Energieriesen Gazprom auch Uniper und Wintershall aus Deutschland, der französische Konzern Engie, der britisch-niederländische Konzern Shell sowie OMV aus Österreich als Finanzinvestoren beteiligt sind, zu 94 Prozent fertiggestellt. Demnach sind noch etwa 120 Kilometer Pipeline in dänischen und etwas über 30 Kilometer in deutschen Gewässern zu verlegen. Kritiker der Pipeline befürchten unter anderem eine Schwächung alternativer Pipelines und traditioneller Transitländer, etwa der Ukraine. Befürworter argumentieren hingegen, die zusätzliche Gasleitung von Russland nach Deutschland erhöhe die Energiesicherheit und sorge für günstige Energiepreise - auch im Vergleich zum teureren Flüssiggas aus den USA. Für zusätzliche Kritik hatte zuletzt die Verhaftung des prominenten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny nach seiner Rückkehr nach Russland gesorgt. Das EU-Parlament will nun einen Baustopp von Nord Stream 2 fordern.

AFP