Am Freitag kam die NATO zu einer Sondersitzung zusammen, um sich über den Fall Nawalny zu beraten. (dpa)
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Die EU und die NATO prüfen nach dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ihren weiteren Umgang mit Russland. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bezeichnete am Donnerstagabend Sanktionen gegen Moskau als mögliche Option. Die NATO berät ihrerseits am Freitag in einer Sondersitzung über den Fall Nawalny.

Für die EU erklärte Borrell, Brüssel behalte „sich das Recht vor, geeignete Maßnahmen, einschließlich restriktiver Maßnahmen, zu ergreifen”, sollte Russland bei den Ermittlungen zu dem Anschlag nicht kooperieren. Borrell erklärte die EU verurteile „den Mordversuch” an Nawalny „auf das Schärfste”. Die russische Regierung müsse „ihr Möglichstes tun, um eine gründliche und transparente Untersuchung dieses Verbrechens vorzunehmen”. Borrell forderte Moskau im Namen der 27 EU-Mitgliedstaaten auf, „uneingeschränkt” mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) zusammenzuarbeiten, um eine „unparteiische internationale Untersuchung sicherzustellen”.

Jens Stoltenberg: „Eine internationale Antwort” nötig

Nach der Sitzung des Nordatlantikrats trat Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel vor die Presse. Moskau müsse zudem sein Programm zum Nervengift Nowitschok gegenüber der Organisation zum Verbot chemischer Waffen (OVCW) „vollständig offenlegen”, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag nach der Sondersitzung.

Die 30 NATO-Mitglieder hätten den „entsetzlichen Mordanschlag” auf Nawalny „auf das Schärfste verurteilt”, sagte Stoltenberg nach dem Treffen. Deutschland habe dort die Verbündeten über die Ergebnisse der Untersuchungen informiert, die ergaben, dass Nawalny einem Gift der Nowitschok-Gruppe ausgesetzt wurde. Dieses soll in den 1970er Jahren durch sowjetische Wissenschaftler entwickelt worden sein. Über mögliche Sanktionen gegen Russland wollte Stoltenberg nicht spekulieren. Er merkte lediglich an, dass „eine internationale Antwort” nötig sei.

Ministerpräsident Woidke gegen den Stopp von Nord Stream 2

Moskau bestreitet jede Schuld am Gesundheitszustand Nawalnys. Der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, warnte die Bundesregierung vor einer „Politisierung” des Falls. Solange die Situation nicht geklärt sei, rufe er dazu auf, auf „vorläufige Einschätzungen zu verzichten und sich nur auf die Fakten zu stützen”, sagte Netschajew im ZDF. „Die Vorwürfe, dass Russland irgendwie in diesen Vorgang verwickelt ist”, nannte der Diplomat verfehlt.

In Deutschland wurde unterdessen weiter über einen möglichen Stopp der Arbeiten an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 als mögliche Sanktion gegen Russland debattiert. Dies hatte der Vorsitzende des Bundestags-Außenausschusses, Norbert Röttgen (CDU), angeregt. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach sich jedoch dagegen aus. Die Gas-Pipeline sei wichtig für die Energieversorgung Deutschlands wie ganz Europas, sagte er dem „Handelsblatt”.

Woidke nannte den Anschlag auf Nawalny zwar „einen Vorgang, der nicht unter den Teppich gekehrt werden kann”. Zugleich „dürfen wir uns aber nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen”, sagte der Ministerpräsident mit Blick auf Nord Stream 2.

TRT Deutsch und Agenturen