Der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan bei einer Ansprache an Mitglieder der regierenden AK-Partei in Ankara.       (AFP)
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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat die Bereitschaft der Türkei unterstrichen, im neuen Jahr eine neue Seite in den Beziehungen zu den USA und der EU aufzuschlagen. Die Europäische Union müsse sich jedoch von ihrer „strategischen Blindheit“ befreien, sagte Erdoğan bei einer Ansprache am Mittwoch in Ankara.

„Wir sehen unsere vielfältigen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen nicht als Alternative zu unseren gut etablierten Beziehungen zu den USA“, sagte das türkische Staatsoberhaupt. „Wir hoffen auch, dass die EU sich von der strategischen Blindheit befreit, die die Türkei [von der Union] wegtreibt.“

Die Türkei hoffe, so Erdoğan, im neuen Jahr eine neue Seite in ihren Beziehungen zur EU und den USA aufschlagen zu können.

In Hinblick auf die Beziehungen zu Washington zeigte sich der türkische Präsident zuversichtlich: „Wir glauben, dass der neue Präsident von Amerika, Herr Biden, auch den türkisch-amerikanischen Beziehungen die gebührende Aufmerksamkeit schenken wird. Wir haben keine Vorurteile, Feindseligkeit oder Animosität gegenüber irgendjemandem.“

„Bis zum heutigen Tag sind wir auf all diejenigen zugegangen, die auch nur einen einzigen Schritt in unsere Richtung gemacht haben. Wir behalten die gleiche Aufrichtigkeit und den gleichen Optimismus“, versprach er. Die Türkei werde in der Region weiterhin auf Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand hinarbeiten.

Am 14. Dezember verhängten die USA Sanktionen gegen die Türkei wegen des Erwerbs des russischen Raketenabwehrsystems S-400. US-Beamte behaupten, das S-400 sei nicht mit den NATO-Systemen kompatibel. Es würde die modernen F-35-Kampfjets, die ebenfalls von der Türkei bestellt worden waren, der russischen Spionage aussetzen.

Die Türkei betonte jedoch, dass die S-400 nicht in die NATO-Systeme integriert würden und keine Bedrohung für die Allianz oder ihre Militärsysteme darstellten. Die türkische Seite schlug wiederholt – bislang vergeblich – die Gründung einer Arbeitsgruppe vor, um die Frage der technischen Kompatibilität gemeinsam zu untersuchen.

Erdoğan: EGMR-Urteil zu Demirtaş „rein politisch“

In seiner Rede kritisierte Präsident Erdoğan auch die Aufforderung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) an die Türkei, den fragwürdigen Politiker Selahattin Demirtaş nach vier Jahren Haft freizulassen.

Der EGMR habe eine „völlig politische“ Entscheidung getroffen, so der Präsident. Das Gericht habe ein Urteil ausgesprochen, bevor Demirtaş all seine rechtlichen Möglichkeiten vor türkischen Gerichten ausgeschöpft hätte.

„Das Urteil des EGMR über Selahattin Demirtaş ist politisch und heuchlerisch. Sie müssen wissen, dass Ihr Urteil einen Terroristen verteidigt. Es sind unsere Gerichte, die entscheiden werden“, sagte Erdoğan. Zudem widerspreche das Demirtaş-Urteil des EGMR einem früheren Urteil über die Batasuna-Partei in Spanien „eindeutig“. Die EU führt die Batasuna-Partei als terroristische Vereinigung und Teil der baskischen Organisation ETA.

TRT Deutsch