Streit um Grundrente (dpa)
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Auch nachdem die Grundrente vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht ist, reißt die Diskussion über das Vorhaben nicht ab. Nach Einschätzung der Personalvertretung der Rentenversicherung ist die geplante Einführung der Grundrente für Geringverdiener zum 1. Januar 2021 kaum zu schaffen. Auch der CDU-Wirtschaftsrat meldete am Freitag Zweifel an.

„Mehrere tausend neue Stellen sind erforderlich, deren Besetzung den Kauf oder das Anmieten von neuen Büroräumen - überwiegend in Ballungsgebieten - zur Folge haben kann. Zusätzlich muss die technische Infrastruktur geschaffen werden“, heißt es laut „Frankfurter Allgemeiner Zeitung“ am Freitag in einem Brief der Arbeitsgruppe Personalvertretung der Deutschen Rentenversicherung an Sozialminister Hubertus Heil. Das sei nicht in wenigen Monaten umsetzbar. In dem Schreiben, das auch an die Fraktionschefs von Union und SPD gegangen sei, heiße es weiter: „Wir bitten daher dringend um eine verwaltungspraktikable Ausgestaltung der geplanten Grundrente.“

Auch der Wirtschaftsrat der CDU rechnet nicht mit der Einführung der Grundrente schon im nächsten Jahr. Die Warnung der Personalvertretung der Rentenversicherung sei „ein sehr außergewöhnlicher Vorgang. Damit sollte jedem klar sein, dass die Umsetzung der Grundrente in ihrer jetzigen Form bis 2021 nicht zu schaffen ist“, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, am Freitag. „Die Unionsfraktion im Bundestag müsste diesen unausgegorenen Gesetzesentwurf der SPD geschlossen zurückweisen.“

Arbeitsministerium räumt ein: Zeitplan sehr ambitioniert

Das zuständige Bundesarbeitsministerium teilte am Freitag in Berlin mit, man sei sich bewusst, dass die Administrierung der Grundrente eine große Kraftanstrengung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rentenversicherungsträger bedeute. Der Zeitplan bis zum Inkrafttreten am 1. Januar 2021 sei in der Tat sehr ambitioniert. Um die Einführung zu diesem Datum dennoch möglich zu machen, habe das Ministerium „schon frühzeitig direkt nach der Verständigung (zur Grundrente) im Koalitionsbeschluss im vergangenen November einen regelmäßigen Austausch über die Umsetzung der Einkommensanrechnung mit allen Beteiligten initiiert“. Man werde auch weiterhin in einem engen Kontakt und kontinuierlichen Austausch mit der Deutschen Rentenversicherung stehen, um die verwaltungspraktikable Umsetzung der Grundrente zu begleiten und sicherzustellen.

Der rentenpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Matthias W. Birkwald, gab CDU und CSU die Schuld daran, dass die Grundrente nun mit einem „monströsen bürokratischen Aufwand“ verbunden sei. Nach Ansicht Birkwalds hätte der ursprünglich von Arbeitsminister Heil geplante Gesetzentwurf ohne Einkommensprüfung beschlossen werden sollen. „Dann hätten gut drei Millionen Menschen etwas von der sogenannten ,Grundrente' und nicht nur 1,1 bis 1,3 Millionen. Und vor allem: Sie könnte problemlos am 1.1.2021 eingeführt werden“, sagte Birkwald.

Heil hatte seine Pläne im Mai 2019 vorgelegt. Der Union gingen diese zu weit. Über Monate stritten und verhandelten die Koalitionspartner vor allem über die sogenannte Bedürftigkeitsprüfung. Dabei geht es darum, zu berechnen, ob ein potenzieller Grundrentenbezieher den Rentenaufschlag auch wirklich braucht. Geplant ist nun, dass dabei zwar nicht das Vermögen, aber das mögliche Einkommen neben der Rente überprüft wird.

Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Grundrente beschlossen. 1,3 Millionen Menschen mit kleinen Bezügen sollen davon ab nächstem Jahr profitieren. Voraussetzung ist, dass mindestens 33 Jahre Beiträge für Beschäftigung, Erziehung oder Pflege geleistet wurden. Im Startjahr 2021 soll die Grundrente die Steuerzahler 1,3 Milliarden Euro kosten.

dpa