Schäuble hat an die EU appelliert, ihre Abhängigkeit von globalen Lieferketten zu reduzieren. (dpa)
Folgen

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat an die EU appelliert, als Lehre aus der Corona-Pandemie ihre Abhängigkeit von globalen Lieferketten zu reduzieren. Die Pandemie habe gezeigt, wie verwundbar Europa durch diese Abhängigkeit geworden sei, schrieb Schäuble in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Er verwies auf den vorübergehenden Mangel selbst an simplen Medizingütern wie Atemschutzmasken. Nun sei die Gelegenheit, „unser gesamtes Wirtschaftsmodell kritisch zu überprüfen und die Exzesse der Globalisierung da zu korrigieren, wo sie zu den dramatischen Auswirkungen der Pandemie beigetragen haben“, betonte Schäuble. Schon jetzt lasse sich aus der Pandemie die Lehre ziehen, dass die EU besser vorsorgen müsse, um in Krisen widerstandsfähiger und souveräner zu sein.

Schäuble plädierte auch für die Weiterentwicklung der EU

Dazu müsse die Europäische Union „mit größerer strategischer Autonomie ausgestattet werden, etwa durch den Aufbau alternativer Lieferketten mit mehreren kostengünstigen Produktionsstandorten zur Diversifizierung des geografischen Risikos“, forderte der CDU-Politiker. Ferner müsse die Souveränität Europas gerade im Gesundheitssektor gestärkt werden. Schäuble plädierte auch für die Weiterentwicklung der EU von einer Währungs- zur Wirtschaftsunion. Das Instrument dazu sei der geplante Wiederbaufbaufonds für die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise. In diesem Zusammenhang kritisierte der frühere Bundesfinanzminister die Europäische Kommission. Deren Vorschläge zur Verwendung der Gelder aus dem Fonds gingen nicht weit genug. Anstatt sich auf Aspekte der Finanzierung zu konzentrieren müsse auf europäischer Ebene eine offene Diskussion darüber geführt werden, „für welche gemeinschaftlichen Projekte die enormen Finanzmittel in den Mitgliedstaaten verwendet werden sollen und wie eine effiziente Mittelverwendung mit strengen Richtlinien sicherzustellen ist“, verlangte Schäuble. Er warb dafür, die Transformation der Wirtschaft mit gezielten Investitionen europaweit in Richtung einer digitalisierten wissensbasierten Ökonomie voranzutreiben. Bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel am 17. und 18. Juli soll über das Wiederaufbauprogramm beraten werden. Es wird das erste persönliche Zusammentreffen der Staats- und Regierungschefs seit Ausbruch der Corona-Pandemie sein. Die EU-Kommission hat eine Ausstattung des Wiederaufbaufonds mit 750 Milliarden Euro vorgeschlagen. Unter den 27 Mitgliedstaaten sind das endgültige Volumen sowie Finanzierung und Art der Hilfen aber noch stark umstritten.

AFP