Bundesinnenminister Horst Seehofer beim Besuch in Hanau.  (dpa)
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Der Bundesinnenminister Horst Seehofer hat die Gewalttat von Hanau als rechtsterroristischen Terroranschlag bezeichnet. „Die Tat in Hanau ist eindeutig ein rassistisch motivierter Terroranschlag“, hat er am Freitag in Berlin erklärt. Es sei der „dritte rechtsterroristische Anschlag in wenigen Monaten“. In der hessischen Stadt Hanau sind am Mittwochabend neun Menschen mit Migrationsgeschichte bei einem Terrorangriff an zwei verschiedenen Orten getötet worden.

„Die Gefährdungslage durch Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus ist in Deutschland sehr hoch“, sagte Seehofer weiter. Wegen möglicher Nachahmungstäter, Wut und Emotionalisierung habe er mit den Innenministern der Länder ein konkretes Vorgehen zum Schutz der Bevölkerung abgestimmt.

„Wir werden die Polizeipräsenz in ganz Deutschland erhöhen. Wir werden sensible Einrichtungen verstärkt überwachen, insbesondere auch Moscheen.“ Seehofer kündigte an, dass die Bundespolizei die Länder mit Personal und Sachausstattung unterstützen werde. „Und wir werden eine hohe Präsenz der Bundespolizei an Bahnhöfen, Flughäfen und im grenznahen Raum gewährleisten.“

Treffen mit Türkischer Gemeinde und muslimischen Vertretern

Seehofer betonte, „der rassistische Hintergrund dieser Tat ist aus meiner Sicht vollkommen unbestritten und kann durch nichts relativiert werden“. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland hatte zuvor Vorwürfe mehrerer Parteien nach einer indirekten Mitverantwortung seiner Partei AfD zurückgewiesen und von einem „offensichtlich völlig geistig verwirrten Täter“ gesprochen.

Der Bundesinnenminister erklärte außerdem, er werde sich am Freitag mit Vertretern der Muslime und der Türkischen Gemeinde in Deutschland treffen. Es ginge darum, entstandene Verunsicherungen zu lindern und „weitere zielgerichtete Maßnahmen zu besprechen“.

SPD für Beobachtung von AfD durch Verfassungsschutz

Die Integrationsbeauftragte des Bundes, Annette Widmann-Mauz, rief indes zu einem stärkeren Zusammenhalt in der Gesellschaft auf. „Es braucht ein Klima in unserem Land, das zu einem gemeinsamen ,Wir‘ kommt und nicht Menschen gegeneinander stellt“, sagte die CDU-Politikerin am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“. Man dürfe im Alltag nicht hinnehmen, dass Menschen herabgewürdigt würden, nur weil sie einen anderen Glauben hätten oder aus einem anderen Land stammten. „Dagegen müssen wir aufstehen, im ganz persönlichen Umfeld am Stammtisch, Arbeitsplatz, in der Schule.“

Die Justizministerin Christine Lambrecht kritisierte mit Blick auf die rechte Szene in Deutschland: „Verschwörungstheorien sind der Nährboden für den Hass.“ Es müsse deutlich gemacht werden, „wo die Grenzen in diesem Rechtsstaat sind“. Sie fügte hinzu, „keinen Fußbreit diesem braunen Sumpf, keinen Fußbreit solchen rassistischen Ideologien.“

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte zuvor eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. Die Partei habe das gesellschaftliche Klima in den letzten Monaten und Jahren vergiftet, sagte Klingbeil am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“. „Es ist doch völlig klar, dass die AfD eine Partei ist, die beobachtet werden muss vom Verfassungsschutz.“ Man müsse das klar benennen: „Da hat einer geschossen in Hanau, danach sieht es aus, aber es waren viele, die ihn munitioniert haben und da gehört die AfD definitiv mit dazu.“

Verfassungsschutz: Hohe Terrorgefahr in Deutschland

Indes äußerte die oberste Instanz des Verfassungsschutzes ungewöhnlich besorgte Kommentare über die Terrorgefahr in der Bundesrepublik. Beate Bube, Präsidentin des Inlandsgeheimdienstes, sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass die Gefahr von rechts immer größer wird und sich bereits auf einem „abstrakt“ hohen Niveau bewege. Bube erklärte: „Das bedeutet auch, dass wir mit schweren Gewalttaten und Anschlägen rechnen müssen. Wir beobachten seit geraumer Zeit eine Verschärfung der Gefährdungslage im Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus.“

Die Ermittler durchleuchten im Zuge der Aufklärung des Anschlages nun Handy- und Computerdaten des mutmaßlichen Täters. Abgeklärt werde, mit wem im Inland und Ausland er Kontakt gehabt und wo er sich aufgehalten habe, sagte Generalbundesanwalt Peter Frank. Mittlerweile seien 40 Zeugen angehört worden, um den genauen Tathergang abzuklären. Zudem würden die GPS-Daten des Autos des mutmaßlichen Täters ausgewertet. In der Wohnung des 43-Jährigen seien schriftliche Unterlagen und auch technische Gerätschaften sichergestellt worden.


TRT Deutsch und Agenturen