03.03.2020, Thüringen, Erfurt: Björn Höcke, Fraktionschef der AfD im Thüringer Landtag, protestiert mit Mitgliedern und Anhängern der AfD am Thüringer Landtag gegen eine mögliche Wahl des Linke-Politikers Ramelow zum Ministerpräsidenten. (dpa)
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Die Thüringer AfD unter ihrem Chef Björn Höcke wird vom Landesverfassungsschutz mittlerweile als gesichert extremistisch eingestuft. Es lägen „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ vor, heißt es in einer Vorlage, die am Dienstag nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung im Thüringer Kabinett besprochen wurde.
Die Einstufung des Landesverbandes durch den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten sei bereits Mitte März formal in Kraft gesetzt worden.
Der Präsident des Landesverfassungsschutzes, Stephan Kramer, bestätigte nach Rücksprache mit dem Thüringer Innenministerium die Kabinettsbefassung, wollte sich aber zu den Inhalten nicht weiter äußern, weil es mit Blick auf die geplante Landtagswahl im Herbst eine „gesteigerte Neutralitätspflicht“ gebe. Zuvor hatte das „Freie Wort“ darüber berichtet.
In Thüringen soll am 26. September ein neuer Landtag gewählt werden, zuvor muss sich aber das Parlament noch auflösen.
Höcke war neben dem später aus der Partei ausgetretenen Ex-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, Mitgründer des später als rechtsextrem eingestuften „Flügels“ der AfD. Der Bundesverfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bezeichnete Höcke als Rechtsextremisten. Inzwischen ist der „Flügel“ formal aufgelöst.
Der Landesverfassungsschutz hat die Thüringer AfD schon länger auf dem Schirm. Bereits im März 2020 stufte die Behörde den gesamten Landesverband als Verdachtsfall ein.
Der Landessprecher der AfD Thüringen, Stefan Möller, sagte am Dienstagabend laut Mitteilung: „Die Thüringer sehen täglich, wer die Grundrechte tatsächlich schleift. Sie wissen auch, dass sich die AfD Thüringen als einzige Partei kompromisslos, aber friedlich gegen diesen monatelangen Ausnahmezustand engagiert.“
Auch in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden die jeweiligen Landesverbände der AfD inzwischen als Verdachtsfall eingestuft. Das bedeutet, dass auch hier nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden dürfen, beispielsweise Observation oder das Sammeln von Informationen über sogenannte V-Leute. Das sind Informanten aus einem bestimmten Milieu.
Die Kategorie des Verdachtsfalls kennen aber nicht alle Bundesländer. In Bayern wird sie beispielsweise nicht verwendet. Die Landesämter für Verfassungsschutz arbeiten auf Grundlage von Landesgesetzen und können auch intern andere Regelungen getroffen haben. So führen etwa einige Länder auch Gruppierungen, die als „Verdachtsfall“ eingestuft werden, in ihren Jahresberichten auf, andere nicht.
Auf Bundesebene darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD bis zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten. Die AfD hatte sich noch vor einer möglichen Einstufung als Verdachtsfall vorsorglich an das Gericht gewandt, um diese zu verhindern.

dpa