Bundestag (dpa)
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Einen Tag nach dem offiziellen Trauerakt für die Opfer des Anschlags hat der Bundestag über Konsequenzen debattiert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verfolgte die Reden auf der Besuchertribüne.

„Die höchste Bedrohung in unserem Land geht vom Rechtsextremismus aus“, sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag im Bundestag. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) wiederum betonte: „Wir nehmen den Kampf gegen diese Bedrohung auf.“

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble unterstrich, der Staat müsse sich eingestehen, „die rechtsextremistische Gefahr zu lange unterschätzt zu haben“. Der CDU-Politiker sprach von einer „langen Spur“ mörderischer Übergriffe. „Das ist Terrorismus.“

„Dass sich Menschen in Deutschland nicht mehr sicher fühlen, ist ein unhaltbarer Zustand“, sagte Schäuble. Die Menschen hätten nur dann Vertrauen in den Staat, wenn dieser „seiner Verpflichtung gerecht wird, allen den größtmöglichen Schutz zu gewähren, und er damit ein Grundgefühl von Sicherheit vermittelt.“ Mit allen rechtsstaatlichen Mitteln müssten radikale Netzwerke aufgedeckt und rechtsextreme Vereinigungen zerschlagen werden. „Das geht nur, wenn wir endlich besser werden, bei der konsequenten Durchsetzung des Rechts.“

Steinmeier fordert Zusammenhalt gegen Hass und Gewalt

In Hanau tags zuvor rief Bundespräsident Steinmeier in seiner Rede die gesamte Gesellschaft zur Verteidigung der Demokratie auf. Zugleich forderte er den Staat auf, mehr dafür zu tun, dass alle Menschen in Deutschland sicher seien. „Die ganz große Mehrheit der Menschen in Deutschland ist gegen Ausgrenzung und Ressentiments, gegen Hass und Gewalt. Aber es reicht nicht, zu wissen, dass man in der Mehrheit ist. Das Schweigen der Vielen darf nicht zur Ermutigung der Wenigen werden.“

„Unsere Botschaft von Hanau in die Republik muss sein: Wir stehen zusammen. Wir halten zusammen. Denn wir wollen zusammen leben“, sagte der Bundespräsident, der alle Oper namentlich erwähnte und kurz beschrieb.

Politiker machen AfD verantwortlich

In der teils mit großer Schärfe geführten Debatte stand die AfD in der Kritik der anderen Parteien. Zahlreiche Redner machten die Rechtspopulisten für die Verrohung von Sprache und Umgangsformen verantwortlich, die am Anfang einer Gewaltspirale stehe. „Sie haben den Boden bereitet, Sie haben sich schuldig gemacht“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich in Richtung AfD. Niemand sage, dass die AfD Rassismus erfunden habe, meinte Stephan Thomae von der FDP. „Aber Sie bespielen Rassismus in sämtlichen Oktaven.“

Mit Blick auf die Gewalttaten und Anschläge in jüngster Zeit betonte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU): „Der Feind unserer Demokratie steht in diesen Tagen rechts und nirgendwo anders.“

Der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio unterstellte den anderen Parteien daraufhin „reflexhafte Hetze“ gegen seine Partei. Der Täter von Hanau wäre angeblich „verrückt“ gewesen. „Und der AfD soll es in die Schuhe geschoben werden.“

Bei dem Anschlag hatte ein 43-jähriger Deutscher am 19. Februar neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen und weitere Menschen verletzt. Der Sportschütze soll auch seine Mutter getötet haben, bevor er sich selbst das Leben nahm.

Bouffier kündigt schnelle Hilfe für Opferfamilien an

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kündigte am Donnerstag schnelle und unbürokratische Hilfe für die Hinterbliebenen des Anschlags in Hanau an. Bei einem Treffen mit Vertretern der Opferverbände ging es in Wiesbaden darum, wie diese Unterstützung konkret aussehen kann. Beispielsweise sollen die Familien eine finanzielle Hilfe bekommen.

Man wolle nach der sehr berührenden Trauerfeier nicht „zur Tagesordnung übergehen“, betonte Bouffier. Diese Bitte hätten auch die Opferfamilien geäußert. An dem Treffen in der Staatskanzlei nahm auch Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) teil. Außerdem wurden etwa 15 Hanauer Institutionen eingeladen, die in den vergangenen Wochen eng mit den Angehörigen in Kontakt standen.

TRT Deutsch und Agenturen