22.03.2022, Berlin: Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, bringt das Haushaltsgesetz 2022 mit dem Finanzplan des Bundes für 2021-2025 in den Bundestag ein. (dpa)
Folgen

Es war ein schwieriger Spagat für Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): Im Bundestag musste er am Dienstag seinen Haushaltsplan für 2022 verteidigen und versichern, sowohl die schwer abschätzbaren Folgen des Ukraine-Kriegs einzukalkulieren als auch die inhaltlichen Schwerpunkte der Ampel-Koalition zu finanzieren. Die Opposition warf ihm eine unsolide Planung vor. Insbesondere Lindners Versicherung, bald die Schuldenbremse wieder einzuhalten, konterten Oppositionspolitiker mit Häme.

Ukraine-Krieg wird Ergänzungshaushalt erforderlich machen

Lindner plant bisher für 2022 mit einer Neuverschuldung von 99,7 Milliarden Euro. Diese dürfte aber noch deutlich steigen: Lindner bekräftigte seinen Plan, „möglichst bald“ einen Ergänzungshaushalt vorzulegen, um auf die Folgen des Ukraine-Kriegs zu reagieren - etwa mit zusätzlichen Mittel für Flüchtlingsversorgung und humanitäre Hilfe sowie weiteren Entlastungen wegen der hohen Energiepreise.

Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sei angesichts des Kriegs und seiner Folgen „von großer Unsicherheit geprägt“, sagte Lindner. Umso wichtiger sei „eine passende Antwort der staatlichen Fiskalpolitik“. Ziel der Bundesregierung sei es, das Wachstum zu stärken und „den Inflationsrisiken entgegenzuwirken“.

Der Minister betonte zugleich, dass der Haushalt auch eine Reihe von Schwerpunkten der Ampel-Koalition auf den Weg bringe. Das Bündnis habe sich vorgenommen, die 2020er-Jahre zu einem „Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen“ zu machen. „Daran kann sich dieser Haushaltsentwurf ebenfalls messen lassen.“ Er sei „der erste Schritt, unser Land moderner, nachhaltiger, digitaler und freier zu gestalten“. Finanzminister kündigt Einhaltung der Schuldenbremse für 2023 an

Lindner bekräftigte außerdem sein Vorhaben, ab 2023 die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Die Rückkehr zur Normalität „ist das haushaltspolitische Ziel dieser Bundesregierung“.

Außerhalb des Bundeshaushalts soll im laufenden Jahr das Sondervermögen Bundeswehr eingerichtet werden - mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro, finanziert über Kredite. Hier gehe es darum, die „viele Jahre vernachlässigte Bundeswehr wieder zu stärken“, sagte Lindner.

Unterstützung bekam der Minister aus den Reihen der Koalition. Der Haushaltsentwurf sei „klug, verantwortungsbewusst und zukunftsorientiert“, urteilte der SPD-Politiker Thorsten Rudolph. Vorgesehen seien unter anderem mehr Investitionen in sozialen Wohnungsbau, Bildung und Forschung sowie in Verkehr und Digitalisierung. „Dieser Haushalt kann sich sehen lassen“, sagte auch die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus. Scharfe Kritik aus Reihen der Opposition

Die Oppositionsfraktionen dagegen griffen Lindner scharf an. „Mit jedem erdenklichen Trick versucht die Bundesregierung, die Schuldenbremse zu umgehen“, sagte der Unions-Haushaltsexperte Christian Haase (CDU). Lindners Entwurf gehe zudem von zu optimistischen Erwartungen mit Blick auf Steuereinnahmen und Arbeitsmarkt aus: „Dieser Haushalt zerplatzt so schnell wie eine Seifenblase“, prognostizierte Haase.

Der AfD-Politiker Kay Gottschalk warf Lindner eine „Anhäufung von Staatsschulden“ vor, „die aus unserer Sicht verfassungswidrig ist“. Gottschalk beschuldigte den Minister, sich von seinen früheren ordnungspolitischen Vorstellungen verabschiedet zu haben. „Ihr Bekenntnis zur Rückkehr zur schwarzen Null klingt wie Hohn“, sagte er an Linder gewandt.

Auch der Linken-Abgeordnete Christian Görke warf Lindner unseriöse Methoden vor. „Der erste Ampelhaushalt ist an Tricksereien kaum zu überbieten“, bemängelte er. Scharfe Kritik äußerte Görke auch an den Ausgabenprioritäten: „Sie geben doppelt so viel für die Verteidigung aus wie für den Klimaschutz“, sagte er zu Lindner.

Der Bundestag diskutiert die ganze weitere Woche über den Haushaltsentwurf und die Einzelpläne der Ministerien. Am Mittwochvormittag steht anlässlich der Diskussion über den Kanzleramtsetat die Generaldebatte an, der traditionelle Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition.

AFP