Archivbild: Britischer Premierminister Boris Johnson (AFP)
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Nach Vorwürfen der sexuellen Nötigung gegen einen konservativen Abgeordneten steht der britische Premierminister Boris Johnson unter Druck. Dem 58-Jährigen wird vorgeworfen, den Abgeordneten Christopher Pincher trotz einschlägiger Vorwürfe zu einem „Einpeitscher“ (Whip) der Fraktion ernannt zu haben. Arbeitsministerin Therese Coffey nahm Johnson am Sonntag in Schutz. „Mir ist nicht bekannt, dass dem Premierminister diese Vorwürfe bekannt waren“, sagte Coffey dem Sender Sky News.

„Parlament ist kein sicherer Arbeitsplatz“

Pincher hatte sein Amt abgegeben, weil er stark betrunken zwei Männer begrabscht haben soll. Seine Fraktion suspendierte ihn erst nach lautstarken Protesten. Am Wochenende berichteten mehrere Medien über weitere Anschuldigungen. Pincher kündigte an, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dann wolle er ins Parlament zurückkehren. Zuletzt mussten mehrere Tory-Abgeordnete wegen sexuellen Fehlverhaltens ihre Mandate abgeben. Die Opposition forderte einen „Kulturwandel“. „Das Parlament ist kein sicherer Arbeitsplatz, wie es sein sollte - besonders für so viele junge Menschen, die dort arbeiten“, sagte der Labour-Politiker Luke Pollard Sky News. Nötig seien höhere Standards. „Doch ich fürchte, die Kultur wird von der Spitze vorgelebt, und der Premierminister hat deutlich gemacht, dass Standards im öffentlichen Leben - Anstand, Integrität, Ehrlichkeit - nicht gelten.“

Nur knapp die Party-Affäre überstanden Johnson steht wegen illegaler Partys in seinem Amtssitz während des Corona-Lockdowns bereits massiv in der Kritik. Ein Misstrauensvotum in der eigenen Fraktion überstand er nur knapp. Zuletzt änderte er den Verhaltenskodex so, dass Regierungsmitglieder bei Verstößen nicht sofort zurücktreten müssen. Dass die Skandale nicht abreißen, könnte nach Ansicht von Kommentatoren dazu führen, dass die Zahl der parteiinternen Johnson-Kritiker wächst.

dpa