Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Erdoğan bei einer Konferenz in der Türkei.  (AA)
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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eine faire Lastenteilung beim Thema Flüchtlinge gefordert. Erdoğan habe darauf hingewiesen, dass die Last der Flüchtlinge sowie die Verantwortung für sie fair geteilt und dass internationale Verpflichtungen eingehalten werden müssten, hieß es in der Nacht zum Dienstag in einer Mitteilung der türkischen Seite.

Präsident Erdoğan warnte die EU angesichts der militärischen Eskalationen durch das syrische Regime in der Oppositionshochburg Idlib mit einem neuen Massenandrang von Flüchtlingen. Seit Samstag haben sich tausende Migranten auf den Weg zur griechischen Grenze gemacht, wo sie bei Kälte auf türkischer Seite ausharren müssen. Am Dienstag erklärte der türkische Innenminister Süleyman Soylu auf Twitter, dass 130.469 Migranten die türkische Provinz Edirne nach Griechenland verlassen haben.

Griechische Grenzwachen setzten mehrfach Blendgranaten und Tränengas ein, um die fliehenden Menschen gewaltsam zurückzudrängen. Unter ihnen befinden sich auch Frauen und Kinder. Die Türkei hat seit Beginn des Bürgerkriegs im Nachbarland Syrien rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen.

Das türkische Staatsoberhaupt kritisierte, dass griechische Sicherheitskräfte zwei Migranten getötet und einen verletzt haben. Dies sagte er nach Angaben der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu am Montag nach einem Treffen mit Bulgariens Regierungschef Boiko Borissow in Ankara. Er erklärte zudem, dass die EU die Vorgaben aus dem Flüchtlingspakt von 2016 nicht vollständig erfüllt habe.

Türkei lehnte europäische Finanzspritze ab

Bei allem Verständnis für die Lage der Türkei sei es „inakzeptabel, dass man das jetzt auf dem Rücken von Flüchtlingen austrägt“, sagte die Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag. „Denn die Flüchtlinge sind jetzt in eine Situation gebracht worden, dort an die Grenze zu gehen und im Grunde in einer Sackgasse zu landen“.

Der türkische Präsident wiederum kritisierte am Montag das ambivalente Verhalten der Europäischen Union, wenn es um versprochene Flüchtlingshilfen geht. Er sagte, er habe ein EU-Angebot von zusätzlich einer Milliarde Euro abgelehnt, um die rund vier Millionen Flüchtlinge zu unterstützen. „Sie sagen uns: ‚Wir werden euch eine Milliarde Euro schicken‘. Wen wollt ihr zum Narren halten? Wir wollen dieses Geld nicht“, sagteErdoğan, nachdem er den bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow im Präsidialkomplex in Ankara empfangen hatte, wo sie über den anhaltenden Flüchtlingsstrom aus Syrien sprachen.

„Welche Versprechen gegenüber der Türkei hat die EU gehalten?"

Bundesaußenminister Heiko Maas schrieb am Montagabend auf Twitter: „Wir sehen die Last, die die Türkei stemmt, aber sie muss ihren Verpflichtungen aus dem EU-Abkommen weiter nachkommen. Die EU leistet ihren Beitrag für eine würdige Versorgung von Geflüchteten.“ Sein türkischer Amtskollege Mevlüt Çavuşoğlu erwiderte: „Welche Versprechen gegenüber der Türkei hat die EU gehalten, lieber Heiko Maas?“

In der Vereinbarung mit der EU hatte die Türkei zugesagt, gegen illegale Migration vorzugehen. Im Gegenzug sollte die EU regulär Syrer aus der Türkei aufnehmen und Ankara eine vereinbarte Summe an finanzieller Unterstützung geben, um die Flüchtlinge in der Türkei zu versorgen. Außerdem sollten die Visa-Regelungen gelockert und die Zollunion ausgebaut werden. All diese Versprechen seien von europäischer Seite nicht eingehalten worden.

Unterdessen verschärft sich die humanitäre Krise in Syrien weiter. In der letzten großen Rebellenhochburg des Landes, in Idlib, ist die syrische Regierung mit russischer und iranischer Unterstützung auf dem Vormarsch. Die humanitäre Lage in Nordsyrien verschlimmert sich immer mehr. 950.000 der fast vier Millionen Einwohner der Region sind nach UN-Angaben auf der Flucht.


TRT Deutsch und Agenturen