Symbolbild. (dpa)
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Die EU bereitet gemeinsam mit den USA und Großbritannien mögliche Vergeltungsmaßnahmen für den Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine vor. Man prüfe, welche Sanktionen in koordinierter Weise verhängt werden könnten und wann und wie, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borell am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. Seinen Angaben zufolge geht es dabei vor allem darum, Russland zu zeigen, dass jegliche Aggression gegen die Ukraine einen hohen Preis hätte.

Baerbock sieht Vorlage für ihren Kampf gegen Nord Stream 2
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte: „Wir sind davon überzeugt, dass Russland sich tatsächlich auf einen totalen Krieg gegen die Ukraine vorbereitet. Und das ist ein beispielloses Ereignis - wahrscheinlich seit dem Zweiten Weltkrieg.“ Das bedeute, das die Antwort der westlichen Staaten ebenfalls beispiellos sein müsse.
Nach Angaben von Deutschlands neuer Außenministerin Annalena Baerbock geht es um „klare diplomatische und wirtschaftliche Konsequenzen“. Die Grünen-Politikerin hatte bereits am Vorabend im ZDF-„heute journal“ deutlich gemacht, dass es im Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine ein Betriebsverbot für die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland geben wird. Es sei zwischen den USA und der vorherigen Bundesregierung besprochen worden, „dass bei weiteren Eskalationen diese Pipeline so nicht weiter ans Netz gehen könnte“, sagte sie.
Beim Außenministertreffen in Brüssel wich Baerbock am Montagnachmittag Nachfragen zum Thema aus. Die EU stehe in voller Solidarität hinter der Ukraine, sagte sie. Teilnehmer warnten vor „Scharfmacherei“
Andere Teilnehmer des Treffens hatten zuvor vor Scharfmacherei gewarnt. „Was wir jetzt wirklich brauchen, ist ein Abrüsten der Worte und der Taten von beiden Seiten“, sagte der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg. Die Linie, dass man nicht tatenlos zuschauen werde, wenn wieder versucht werde, Grenzen mit Gewalt in Europa zu verschieben, sei klar.
Ähnlich hatte sich auch der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion geäußert. „Wir müssen alles dran setzen, die reale Kriegsgefahr zu mindern und die Spirale von Drohungen und Gegendrohungen zu durchbrechen“, sagte Rolf Mützenich der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag). Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte, man könne nicht nur über Sanktionen reden, sondern müsse sich in Verhandlungen einbringen.
Wie alle anderen Außenminister stimmte Asselborn dennoch einem EU-Sanktionsbeschluss gegen die russische Söldnerfirma Wagner und mit ihr verbundene Unternehmen und Personen zu. Grund für den Schritt sind insbesondere die Aktivitäten von Wagner in Syrien, Libyen und der Ukraine - darunter „Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen und Tötungen“.

Russland zieht Soldaten in Grenznähe zusammen
Der Beschluss der Außenminister sieht konkret vor, die Wagner Group sowie drei mit ihr verbundene Firmen und acht Personen auf die EU-Sanktionsliste zu setzen. Dies bedeutet, dass ihre in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren werden und betroffene Personen nicht mehr in die EU einreisen dürfen. Betroffen ist laut Amtsblatt unter anderen der Russe Dmitri Utkin, der als Gründer der Wagner Group genannt wird und für die Entsendung von Söldnern in die Ukraine verantwortlich sein soll.

Hintergrund der Diskussionen über den Umgang mit Russland sind Erkenntnisse der Nato, wonach Russland in Gebieten unweit der Ukraine zwischen 75.000 und 100.000 Soldaten zusammengezogen hat. Die Entwicklungen wecken Erinnerungen an 2014. Damals hatte sich Russland nach dem Umsturz in der Ukraine die Halbinsel Krim einverleibt und mit der noch immer andauernden Unterstützung von Separatisten in der Ostukraine begonnen. Selten zur Sprache kommt, dass auch die Ukraine eine sechsstellige Anzahl an Soldaten in der Nähe des Donbass hält, was in Russland als Anzeichen für den möglichen Versuch einer militärischen Lösung des Konflikts mit dortigen Separatisten interpretiert wird.

Truppenbewegungen als Folge von Forderungen Putins
Nach Einschätzung westlicher Geheimdienste stehen hinter den russischen Truppenbewegungen vor allem Forderungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin an die Nato. Demnach will dieser das Militärbündnis über den Aufbau einer Drohkulisse dazu bewegen, eine Aufnahme der Ukraine auszuschließen. Zudem will er den Angaben zufolge, dass die Nato von einer Stationierung von Truppen und Ausrüstung in der Ukraine absieht, jede militärische Unterstützung einstellt und keine Übungen mehr in der Nähe zu Russland durchführt.
Russland weist den Vorwurf von Angriffsplanungen gegen die Ukraine seit Wochen zurück. Moskau bedrohe niemanden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in einem am Sonntag im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Interview. „Das Anheizen der gespannten Nachrichtenlage und so weiter, das wird einmal mehr mit dem Ziel einer weiteren Dämonisierung Russlands gemacht“, sagte er. Russland solle so als „Aggressor“ dargestellt werden.
Zugleich hat Moskau jüngst mehrfach bestätigt, Sicherheitsgarantien zu fordern. Zuletzt hieß es beispielsweise, eine Einbindung der Ukraine in die Nato stelle ein „unverantwortliches Verhalten“ dar und berge „große militärische Risiken für alle Beteiligten, bis hin zu einem großen Konflikt in Europa“.

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dpa