Symbolbild: Flaggen der Europäischen Union wehen vor dem Hauptsitz der Europäischen Kommission in Brüssel. (Reuters)
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Malta droht mit einer Blockade des gerade erst begonnenen EU-Militäreinsatzes zur Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen. Wie ein Sprecher bestätigte, will die Regierung des kleinen EU-Landes noch ausstehende Entscheidungen zur Ausweitung und Finanzierung der Operation „Irini“ mit einem Veto verhindern, solange nicht zusätzliche Anstrengungen zur Lösung der sich wieder zuspitzenden Migrationskrise im Mittelmeer unternommen werden. Zudem werde Malta nicht wie angekündigt Spezialkräfte für die Kontrolle von verdächtigen Schiffen zur Verfügung stellen, hieß es aus der EU-Vertretung Maltas in Brüssel.
Wie es nun mit dem auch von Deutschland unterstützten Einsatz weitergeht, war zunächst völlig unklar. Besonders komplex wird die Situation dadurch, dass Malta nach Angaben von Diplomaten nicht nur Druck bei der Flüchtlingspolitik ausüben will, sondern auch Probleme mit der Aufstellung der Operation an sich hat.
Der Einsatz von EU-Schiffen könnte Lieferungen stoppen, die vor allem aus der Türkei kommen und an die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarradsch gerichtet sind. Vor allem über Land oder Luft abgewickelte Transporte für den Warlord Khalifa Haftar würden jedoch unberührt bleiben. Dies könnte dem Kriegsherrn Haftar im libyschen Bürgerkrieg einen erheblichen Vorteil verschaffen.
„Die Franzosen unterstützen (…) Khalifa Haftar, der seine Waffen über die ägyptische Grenze und die Luftunterstützung aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kriegt - etwas, das Irini nicht aufhalten kann“, berichtete das Nachrichtenportal „maltatoday“ am 10. Mai. Neben Paris gelten Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland als Unterstützer von Khalifa Haftar. Die Franzosen erklärten deutlich, sie seien besorgt, dass Malta seinen Personalbeitrag zurückziehen würde, heißt es im Artikel des Nachrichtenportals weiter.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bestätigte am Abend, dass die maltesische Drohung am Dienstagnachmittag auch Thema bei einer Videokonferenz der EU-Verteidigungsminister war. Wie eine Lösung des Konflikts aussehen könnte, sagte der Spanier allerdings nicht.
Maltas Premierminister Robert Abela sagte seinen Mitarbeitern laut „maltatoday“, dass er in seiner Position nicht nachgeben werde.

Bundeswehr könnte 300 Soldaten einsetzen

Der Deutsche Bundestag hatte erst am vergangenen Donnerstag grünes Licht für die Bundeswehr-Beteiligung an der Irini getauften EU-Operation gegeben. Das Mandat ermöglicht den Einsatz von bis zu 300 Soldaten sowie eines Flugzeugs zur Seefernaufklärung vom Typ P-3C Orion.

Nach Angaben eines Sprechers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr wurde Anfang dieser Woche begonnen, die für die Führungsstäbe der Operation zugesagten Soldaten nach Rom zu verlegen. Sie müssen dort allerdings erst eine 14-tägige präventive Quarantäne wegen der Corona-Pandemie absolvieren, bevor sie eingesetzt werden können. Ein Seefernaufklärer stehe auf Abruf auf dem Fliegerhorst Nordholz (Niedersachsen) bereit, hieß es.
Grundlegendes Ziel der Operation „Irini“ soll eigentlich eine Stabilisierung des nordafrikanischen Bürgerkriegslandes Libyen sowie die Unterstützung des UN-geführten politischen Friedensprozesses sein. Erst in der vergangenen Woche hatte das operative Hauptquartier in Rom gemeldet, dass eine französische Fregatte und ein Flugzeug zur Seeraumüberwachung aus Luxemburg bereits im Einsatz seien.
„Irini“ ist Nachfolgerin der Operation „Sophia“, die Ende März auslief und im Dauerstreit um eine Verteilung von Bootsflüchtlingen beendet worden war. Um zu verhindern, dass die EU-Schiffe von Migrantenbooten angesteuert werden, soll „Irini“ abseits der Fluchtrouten operieren.
Dies ist Malta aber offensichtlich nicht genug. Das Land verweist nach Angaben von Diplomaten darauf, dass die Zahl von Migranten, die über das zentrale Mittelmeer nach Europa wollen, zuletzt wieder stark angestiegen sei. Malta fühle sich mit der Situation alleingelassen, hieß es. Noch immer beteiligten sich nur wenige andere EU-Staaten wie Deutschland an der Aufnahme von geretteten Flüchtlingen.

TRT Deutsch und Agenturen