Symbolbild. 7. Oktober 2021, Wien, Österreich: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf seinem Weg zu einem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Kurz steht wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck, sein Koalitionspartner, die Grünen, sehen ihn als „handlungsunfähig“ an. (Others)
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Die Grünen in der österreichischen Bundesregierung müssen voraussichtlich bis Dienstag eine Entscheidung darüber treffen, ob sie die Koalition mit der ÖVP angesichts der Korruptionsvorwürfe gegen Kanzler Sebastian Kurz fortsetzen wollen. Dann soll der Nationalrat über den Misstrauensantrag abstimmen, den die SPÖ-Fraktion angekündigt hat.

Für einen Koalitionswechsel wegen der ÖVP-Korruptionsaffäre plädieren auch die Abgeordneten der Wiener Landesfraktion der Grünen vorerst nicht. Es mehren sich jedoch die Stimmen für einen Kanzlerwechsel, wie aus einem Bericht von „Wien heute“ des ORF hervorgeht.

Opposition bei Grünen gegen Kurz „wächst stündlich“ Zu ihnen gehört Markus Reiter, Bezirksvorsteher des 7. Wiener Gemeindebezirks Neubau: „Ich glaube, der Rücktritt vom Herrn Bundeskanzler steht an. Das ist notwendig. Das ist absolut eine moralische, politisch moralische, verwerfliche Situation, was da an Handlungen in der Vergangenheit gesetzt worden sind. Ich glaube, so ein Bundeskanzler kann nicht mehr für die Republik, für Österreich richtig handeln. Da ist am besten, man tritt zurück.“
Auf Nachfrage, ob das viele seiner Parteikollegen auch so sehen würden, sagte Reiter in „Wien heute“, das wachse stündlich.
„Es ist eine total außergewöhnliche Situation, ein verheerendes Bild (…) und ja, es ist ein Bild entstanden, das die Arbeitsfähigkeit des Kanzlers eindeutig in Frage stellt“, sagte der nicht amtsführende Stadtrat der Grünen, Peter Kraus.

Die nicht amtsführende Stadträtin der Grünen, Judith Pühringer, verkündete via Twitter: „Meine Einschätzung: Was hier gerade passiert, ist nicht normal.“ Man könne nicht zu „irgendeiner Tagesordnung“ übergehen. „Wir beobachten diese undurchsichtigen Entwicklungen bei der ÖVP sehr genau.“ Sie hoffe sehr, dass dieser Fall kein „Ibiza in Türkis“ werde.
Wiener Opposition will keine Neuwahlen
Die Wortmeldungen der Oppositionsparteien zur ÖVP-Affäre klingen ähnlich. Die Wiener SPÖ will im Moment keine Neuwahlen. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): „Wir haben in den letzten Jahren jetzt sehr viele Wahlen hintereinander gehabt. Und von daher wird es notwendig sein, mal eine Stabilität in unserem Land zu erreichen. Wir haben nach wie vor große Themen zu bewältigen“, sagte Bürgermeister Michael Ludwig.
Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS): „Ein Kanzler, gegen den wegen Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung ermittelt wird, hat in dieser Position nichts verloren! (…) Was wir jetzt brauchen, ist eine Zusammenarbeit von vernünftigen Kräften, die gewillt sind, für einen Neuanfang zu arbeiten.“
Stadtrat Dominik Nepp (FPÖ): „Ein Verbleib von Sebastian Kurz als Bundeskanzler ist aus meiner Sicht denkunmöglich. Ich erwarte mir von den Grünen eine klare Linie. Es liegt nun an ihnen, wie es weitergehen soll.“
ÖVP steht klar hinter Kurz
Drei Parteien klar gegen Kurz, eine, die sich aktuell bedeckt hält, bleibt noch die ÖVP selbst. Und hier gab es am Donnerstag ebenfalls eine klare Linie: Sowohl Teilorganisationen als auch Länderchefs der ÖVP, unter ihnen auch Wiens Parteichef Gernot Blümel, stellten sich „geschlossen“ hinter Kurz und betonten ihre Unterstützung für ihn. Die Vorwürfe würden sich als falsch herausstellen. Die ÖVP-Regierungsmitglieder betonten in einer eigenen Aussendung, dass sie ausschließlich in einer Bundesregierung angeführt von Sebastian Kurz in ihren Ämtern bleiben würden. Mehr zum Thema: Sebastian Kurz und der türkise Sumpf

TRT Deutsch und Agenturen