Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu (l.) zu Besuch in Griechenland.  (AA)
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Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hat Griechenland dazu aufgerufen, die EU nicht mehr als „Trumpfkarte“ gegen die Türkei zu benutzen. Athen müsse stattdessen die derzeitige positive Dynamik nutzen, um Differenzen mit Ankara zu lösen, sagte Çavuşoğlu am Sonntag in einem Interview mit der griechischen Tageszeitung „To Vima“. Der Chef-Diplomat befindet sich derzeit auf einem zweitägigen Arbeitsbesuch in Griechenland.

„Nur die Türkei und Griechenland können die ausstehenden Probleme lösen – nicht die EU“, betonte Çavuşoğlu. Er äußerte zudem seine Zufriedenheit über die Wiederbelebung des Dialogs mit Athen.

„Als zwei Nachbarn sind wir dazu bestimmt, in der gleichen Region zu leben. Deshalb sollten wir unsere Beziehung über Kooperationen und nicht durch Konflikte definieren. Es liegt in unseren Händen, unser Schicksal und den Weg nach vorne zu bestimmen“, sagte er.

Çavuşoğlu betonte, dass die aktuellen Gespräche der Vorbereitung eines geplanten Treffens zwischen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis während des anstehenden NATO-Gipfels dienten.

„Karte von Sevilla“ in der Kritik

Der Minister sagte, dass die Türkei bereit sei, alle kontroversen Themen mit Griechenland zu diskutieren. „Allerdings sollte Griechenland die ‚Karte von Sevilla‘ aufgeben“, so der Diplomat. Damit verwies er auf eine umstrittene Karte von vermeintlich griechischen Hoheitsgewässern im östlichen Mittelmeer. „Weder die USA noch die EU befürworten diese Karte. Ich muss wiederholen, dass es ein Fehler der Griechen ist, zu denken, dass die Türkei lediglich auf die Ägäis- und Mittelmeerküste beschränkt sei.“

Nach der so genannten Sevilla-Karte werden die kleinen griechischen Inseln in der Nähe der türkischen Küste als riesige Kontinentalschelfe dargestellt. Sie spiegelt den maximalistischen Hoheitsanspruch Griechenlands und der Zyperngriechen im östlichen Mittelmeer wider. Dieser besitzt jedoch keine rechtliche Gültigkeit.

Politischer Wille der EU vorhanden

Çavuşoğlu betonte, dass sein Land gewillt sei, eine vertrauensbasierte Agenda in den Türkei-EU-Beziehungen zu schaffen. „Wir sehen politischen Willen auf der EU-Seite, mit Ausnahme einiger Mitgliedsstaaten, die dazu neigen, die Solidarität der Mitgliedschaft und die Vetomacht zu missbrauchen.“

Çavuşoğlu merkte an, dass die momentane Dynamik nicht verloren gehen dürfe. Er wies auf die Notwendigkeit hin, eine ganzheitlichere geopolitische Perspektive einzunehmen. Der angestrebte EU-Beitritt der Türkei sei in diesem Zusammenhang die „wichtigste geopolitische Investition“, die die EU für Europa und darüber hinaus tätigen könne.

Die Spannungen im östlichen Mittelmeerraum dauern seit Monaten an, da Griechenland der Türkei die Rechte zur Energieerschließung streitig macht.

Die Türkei, die die längste kontinentale Küstenlinie im östlichen Mittelmeer hat, weist die maritimen Grenzforderungen Griechenlands und der zyperngriechischen Verwaltung zurück. Die Ansprüche der griechischen Seite verletzen nach Aussagen Ankaras die souveränen Rechte der Türkei und der Zyperntürken.

Ankara hatte bereits zuvor zum Dialog und zu Verhandlungen aufgerufen, um eine faire Aufteilung der Ressourcen in der Region zu gewährleisten.

TRT Deutsch