Zahlreiche Festnahmen bei Nawalny-Proteste in Moskau (AFP)
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Die russlandweiten Proteste zur Freilassung des inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny haben die Hauptstadt Moskau erreicht. Polizisten nahmen am Samstagnachmittag mehrere Demonstranten fest. Auch Nawalnys engste Mitarbeiterin, die Juristin Ljubow Sobol, wurde festgenommen.

Die Ehefrau von Kreml-Kritiker ist bei Protesten für die Freilassung ihres Mannes in Moskau selbst festgenommen worden. „Bitte entschuldigt die schlechte Bildqualitä“", schrieb Julia Nawalnaja am Samstag zu einem von ihr veröffentlichten Foto im Onlinedienst Instagram. Es zeigt sie in einem Gefangenentransporter der Polizei in der russischen Hauptstadt.

Unter den Tausenden Protestierenden waren viele junge Leute und Angehörige der Mittelschicht. Anders als bei nicht genehmigten Kundgebungen in der Vergangenheit war der zentrale Puschkin-Platz nicht weiträumig abgesperrt. Aktivisten beklagten eine Drosselung des Internets. Nawalnys Anhänger hatten für diesen Samstag in mehr als 90 russischen Städten zu Protesten aufgerufen. Sie fordern die Freilassung des Oppositionellen, der am Montag in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden war. Nawalny soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Giftanschlag erholte. Der 44-Jährige und sein Team sehen das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert an.

Enthüllungsvideo „Ein Palast für Putin“ veröffentlicht

„Putin ist ein Dieb“, riefen die Menschen in Moskau - so wie zuvor auch schon in vielen anderen Städten des Landes, in denen die Protestaktionen aufgrund der Zeitverschiebung mehrere Stunden früher stattfanden als in der Hauptstadt. Nawalnys Team hatte Anfang der Woche unter dem Titel „Ein Palast für Putin“ ein Enthüllungsvideo veröffentlicht, das beweisen soll, dass der Präsident sich aus Schmiergeldern ein „Zarenreich“ am Schwarzen Meer bauen ließ. Der Kreml bezeichnet die Vorwürfe in dem mehr als 67 Millionen Mal angeklickten Film als „Unsinn“ und „Lüge“. Landesweit zählte die Bürgerrechtsorganisation OWD bis zum Nachmittag 369 Festnahmen. Es gab aber auch Berichte von Sicherheitskräften, die nicht eingriffen, sondern die Menschen marschieren ließen. Die russischen Behörden drohen mit hohen Strafen für die Teilnahme an den nicht genehmigten Kundgebungen am Samstag. In den vergangenen Tagen waren bereits zahlreiche Mitstreiter des Oppositionspolitikers festgenommen worden. Nawalny macht Kremlchef Wladimir Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB für den Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok im August verantwortlich. Putin und der FSB weisen das zurück.

dpa