Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) kann nach eigenen Angaben nicht als Ersatz für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA im Gazastreifen dienen. „Wir können die wichtigen Funktionen von UNRWA in Gaza, wie die Verwaltung von Notunterkünften, Schulen und Gesundheitszentren, nicht ersetzen“, sagte der Direktor des WFP-Büros für Deutschland, Martin Frick, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf das UNRWA-Verbot durch Israel. Das UNRWA sei das Rückgrat der humanitären Hilfe im Gazastreifen und sichere „Ernährung, Schutz und medizinische Versorgung für eine Bevölkerung, die Unmenschliches durchlebt“.
Nach dem vom israelischen Parlament beschlossenen Arbeitsverbot für das UNRWA, das in rund drei Monaten in Kraft tritt, will Israel offiziellen Angaben zufolge humanitäre Hilfe für den Gazastreifen mit Hilfe anderer Organisationen gewährleisten. Als Beispiele hatte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums unter anderem das WFP, das UN-Kinderhilfswerk Unicef sowie die Weltgesundheitsorganisation genannt.
Frick sagte dem RND weiter, die humanitäre Krise im Gazastreifen übersteige jede Vorstellungskraft und erfordere eine umfassende Antwort, in der das UNRWA eine zentrale Rolle spiele. „Ein Verbot von UNRWA nimmt denen, die ums nackte Überleben kämpfen, die letzte Kraft.“
UNRWA als zentrale Hilfsorganisation für Palästina-Flüchtlinge
Das 1949 gegründete UNRWA bietet Millionen von palästinensischen Flüchtlingen Hilfe und Schutz. In den Palästinensergebieten ist sie für die Koordination der Hilfslieferungen zuständig. Sie spielt aber auch bei der Bildungsarbeit eine zentrale Rolle. Das UNRWA ist darüber hinaus in Jordanien und im Libanon aktiv.
Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der Widerstandsorganisation Hamas am 7. Oktober 2023 einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bisher Zehntausende Zivilisten getötet.
Israel stoppte die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom und startete zugleich massive Luftangriffe. Anschließend drangen Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein.
Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel behindert. Mehr als eine Million Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Mittlerweile ist die Infrastruktur in Gaza fast komplett zerstört und es gibt kaum noch unbeschädigte Gebäude. UN-Organisationen bezeichnen die humanitäre Lage vor Ort als katastrophal.
Von den 36 Krankenhäusern in Gaza sind nur noch wenige teilweise in Betrieb. Zudem leidet laut Hilfsorganisationen ein Großteil der rund zwei Millionen Menschen an Infektionskrankheiten, die aktuell nicht behandelt werden können.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 43.100 Menschen getötet und mehr als 101.500 verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Beim Großteil der Todesopfer handelt es sich laut örtlichen Berichten um Frauen und Kinder. Zudem sollen rund 10.000 Palästinenser von israelischen Soldaten verschleppt worden sein.