Tripolis, Libyen: Eine vertriebene Familie trägt Wasser. (Reuters)
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Der humanitäre Koordinator der Vereinten Nationen zu Libyen, Yacoub El Hillo, hat am Freitag die Unterbrechung der Wasserversorgung in der libyschen Hauptstadt Tripolis in der vergangenen Woche als „besonders verwerflich“ angeprangert.

Die Wasserversorgung wurde am Montag nach einem bewaffneten Angriff auf die Wasserquellen des Landes im Südwesten abgeschnitten. Das Netzwerk wurde von Mitgliedern einer bewaffneten Gruppe in Shwerif unterbrochen. Es handelt sich um eine Region, die 350 Kilometer südöstlich von Tripolis liegt. Sie wird von Streitkräften kontrolliert, die dem in Ostlibyen stationierten Warlord Khalifa Haftar treu ergeben sind. El Hillo verurteilte die Eskalation, die Unterbrechung der Wasserversorgung sei eine „Kriegswaffe“.

„Mehr als zwei Millionen Menschen, darunter 600.000 Kinder, die in Tripolis und in den umliegenden Städten leben, leiden seit fast einer Woche unter den Wasserkürzungen“, kritisierte Yacoub El Hillo in einer veröffentlichten Erklärung.

Tripolis, Sitz der international anerkannten „Regierung der Nationalen Einheit“ (GNA) wird seit einem Jahr von Haftar-Milizen angegriffen. Eine Eskalation der Kämpfe seit Mitte März hat zu intensiven Bombardierungen geführt, insbesondere im Süden der Stadt nahe der Frontlinien, wobei ein Krankenhaus von Geschossen getroffen wurde.

„In diesem Augenblick, in dem Libyen gegen die Bedrohung durch die Covid-19-Pandemie kämpft, ist der Zugang zu Wasser und Elektrizität mehr denn je lebensrettend, und solche individuellen Handlungen zur kollektiven Bestrafung von Millionen unschuldiger Menschen sind verabscheuungswürdig und müssen sofort eingestellt werden“, so El Hillo.

Nach Angaben der UN hat sich die humanitäre Lage auf ein Niveau verschlechtert, das in Libyen zuvor noch nie beobachtet wurde. Zwischen dem 1. April 2019 und dem 31. März 2020 dokumentierte die UN-Unterstützungsmission in Libyen (UNSMIL) mindestens 685 zivile Opfer (356 Tote und 329 Verletzte).

Rund 149.000 Menschen in und um Tripolis wurden seit Beginn der Haftar-Offensive im April 2019 zur Flucht aus ihren Häusern gezwungen. Fast 345.000 Zivilisten befinden sich noch immer in den Frontgebieten und weitere 749.000 Menschen leben schätzungsweise in den von den Zusammenstößen betroffenen Regionen. Es wird geschätzt, dass rund 893.000 Menschen humanitäre Hilfe dringend benötigen.

TRT Deutsch