Protest in Jerusalem gegen drohende israelische Zwangsräumungen für palästinensische Familien. (dpa)
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Adnan will weiter demonstrieren, trotz der Gummigeschosse und des Tränengases, das israelische Sicherheitskräfte gegen palästinensische Demonstranten einsetzen. „Schweigen ist keine Option“, sagt der junge Palästinenser. Die Proteste der vergangenen Tage in Ostjerusalem, die zu den heftigsten Angriffen durch die israelische Polizei seit Jahren geführt haben, sind in den Augen des 20-Jährigen eine Antwort auf die kontinuierlichen Versuche jüdischer Siedler, Palästinenser aus der Stadt zu werfen. Hunderte Palästinenser sind bei den Angriffen der Polizei in der Heiligen Stadt seit Freitag verletzt worden, Dutzende wurden festgenommen. „Jahrelang haben die (jüdischen) Siedler uns angegriffen und unser Land genommen“, beklagt Adnan, der seinen Nachnamen aus Angst vor den israelischen Behörden nicht nennen will. „Wir sind hier auf der Straße, um zu sagen, dass wir nicht gehen werden.“

„Schweigen ist keine Option“ – Drohende Räumungen als Auslöser der Gewalt (DPA)

Auslöser der Proteste ist die drohende Zwangsräumung von rund 30 Palästinensern aus ihren von jüdischen Israelis beanspruchten Wohnungen im Viertel Scheich Dscharrah, die ein israelisches Gericht Anfang des Jahres genehmigt hatte. „Die Israelis wollen, dass wir für sie arbeiten, aber sie wollen nicht, dass wir hier leben“, kritisiert der palästinensische Demonstrant Mohammed. Rechtsextreme Israelis demonstrieren – „Tod den Arabern“ Die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern waren schon seit Wochen immer weiter angeheizt worden, unter anderem durch eine Demonstration rechtsextremer Israelis, die unter „Tod den Arabern“-Rufen durch die Altstadt gezogen waren. Im vergangenen Monat sperrten israelische Sicherheitskräfte zudem den Platz vor dem Damaskus-Tor der Altstadt ab, ein beliebter Treffpunkt für Palästinenser während des muslimischen Fastenmonats Ramadan. Nach mehrtägigen gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen protestierenden Palästinensern und Polizisten wurden die Absperrungen wieder abgebaut. Am Freitag folgte der gewaltsame Polizeieinsatz nach dem Freitagsgebet zum Abschluss des Ramadan in der Al-Aqsa-Moschee, bei dem mehr als 200 Menschen verletzt wurden. Mohammed sagt, er habe mit tausenden Menschen auf dem Platz das rituelle Fastenbrechen begangen, „als die Polizei uns angriff“.

„Schweigen ist keine Option“ – Drohende Räumungen als Auslöser der Gewalt (DPA)

Das Schicksal der von der Räumung bedrohten Familien in Scheich Dscharrah stehe symbolisch für das Schicksal vieler Palästinenser, sagt der 23-jährige Demonstrant Malak: „Heute sind es sie, morgen wir.“ Nationalisten feiern Jahrestag der israelischen Besetzung Ostjerusalems Der rechtsextreme israelische Knesset-Abgeordnete Itamar Ben-Gvir hatte am Wochenende selbst das Viertel besucht und Polizisten angesichts der palästinensischen Demonstranten dazu aufgerufen, sie sollten „das Feuer eröffnen“. Reporter beobachteten in Scheich Dscharrah mit Revolvern und Sturmgewehren ausgerüstete jüdische Siedler. Für Montagnachmittag kündigten jüdische Nationalisten einen Marsch zum von Israel als „Jerusalem-Tag“ gefeierten Jahrestag der israelischen Besetzung Ostjerusalems an. Auch der Chef der rechtsextremen Partei „Religiöser Zionismus“, Besalel Smotritsch, will an diesem Tag Scheich Dscharrah besuchen. Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas verurteilte zwar das Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte, befeuerte den Unmut der Demonstranten jedoch selbst. Ende April verschob er die für Mai geplante Parlamentswahl in den Palästinensergebieten auf unbestimmte Zeit und zerschlug damit vorerst die Hoffnungen vieler Palästinenser auf die erste Wahl seit 15 Jahren. Er selbst und viele Mit-Demonstranten hielten Abbas und dessen Anhänger für korrupt, sagt der 24-jährige Dschaad Assad. Abbas und seine Partei würden „mit den Israelis kooperieren“. Doch die Palästinenser hätten bereits seit Generationen mächtigen Gegnern die Stirn geboten, die sie vertreiben wollten: „Mit Gottes Hilfe werden wir bleiben.“

AFP