Ein Bildausschnitt aus einem Video, das am 28. September 2020 auf der offiziellen Website des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums zur Verfügung gestellt wurde, zeigt einen aserbaidschanisches Artilleriefeuer gegen die armenische Armeepositionen in der besetzten Region Berg-Karabach. (AFP)
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Aserbaidschan hat seine militärische Gegenoffensive in der umkämpften Region Berg-Karabach am Dienstag fortgesetzt. Die Truppen bewegten sich in Richtung der Stadt Füsuli und schalteten mindestens vier armenische Panzer aus, hieß es dazu aus dem Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Baku.

Aserbaidschan hatte nach eigenen Angaben bereits am Sonntag sieben Dörfer in Berg-Karabach zurückerobert. Militärberichten zufolge nahmen die aserbaidschanischen Truppen in der Bergregion auch strategisch wichtige Anhöhen ein. Bei den Kämpfen wurden bisher mindestens 13 Zivilisten getötet, davon 11 auf aserbaidschanischer und zwei auf armenischer Seite. Das armenische Verteidigungsministerium räumte militärische Verluste ein. Insgesamt seien 84 Soldaten getötet worden. Es handelt sich um die schwersten Gefechte seit Jahren. Zuletzt gab es 2016 ähnlich schwere Gefechte, damals starben rund 120 Menschen. Beide Länder hatten zuletzt den Kriegszustand verhängt.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev warf der internationalen Gemeinschaft vor, „zuviel Geduld“ mit Armenien zu haben. Seit 30 Jahren reagiere Armenien nicht auf Resolutionen der Vereinten Nationen, sich aus dem militärisch besetzten Gebiet Aserbaidschans zurückzuziehen, kritisierte er.

Türkei appelliert an Minsker Gruppe

Die Türkei stellte sich mit deutlichen Worten hinter Aserbaidschan. „Wir (...) stehen immer auf der Seite vom Bruderstaat Aserbaidschan, so wie es immer auf der Seite der Türkei steht“, erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Dienstag.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidungen internationaler Organisationen über die territoriale Integrität Aserbaidschans kritisierte Çavuşoğlu die fehlende Umsetzung. Die verantwortlichen Parteien, darunter die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), seien aufgefordert, konkreten Schritte zur Lösung des Problems zu unternehmen.

„Die Minsker Gruppe und die ganze Welt sollten Aserbaidschan und Armenien nicht gleich behandeln. Aserbaidschan mit dem Besatzer Armenien gleichzusetzen, ist ein unfairer Ansatz“, unterstrich der türkische Chefdiplomat.

Karabach-Karte (TRT Deutsch)

Deutschland ruft zu Waffenstillstand und Verhandlungen auf

Bundeskanzlerin Merkel sprach mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan und dem aserbaidschanischen Staatschef Alijew, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstag in Berlin mitteilte. Die Kanzlerin habe deutlich gemacht, dass ein Waffenstillstand und Verhandlungen dringlich seien. Basis dafür könnte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sein.

UN-Generalsekretär António Guterres rief beide Seiten zum sofortigen Ende der Kämpfe auf. Guterres habe das dem aserbaidschanischen Präsidenten Alijew und dem armenischen Regierungschef Paschinjan per Video-Telefonschalte mitgeteilt, sagte ein UN-Sprecher am Montag (Ortszeit) in New York. Mehrere Mitglieder des UN-Sicherheitsrats beantragten, das Thema noch für Dienstag auf die Tagesordnung zu setzen. Die Initiative ging von Deutschland und Frankreich aus, hieß es aus Diplomatenkreisen. Sie werde von Belgien, Großbritannien und Estland unterstützt. Die von Armenien kontrollierte Region Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion besetzte Armenien das Gebiet und verlagerte Truppen dorthin. Seit 1994 gilt eine brüchige Waffenruhe. Armenien setzt auf Russland als Schutzmacht. Moskau hat dort tausende Soldaten und Waffen stationiert. Aserbaidschan hingegen betrachtet die Türkei als engen Verbündeten.

TRT Deutsch und Agenturen