„Assimilations“-Behauptung: DW Türkçe verärgert Tscherkessen in Türkei (Archivbild) (reuters)
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Ein Twitter-Beitrag und ein Video des türkischen Ablegers der Deutschen Welle (DW) haben die tscherkessische Gemeinschaft in der Türkei verärgert. In dem Beitrag behauptet DW Türkçe, die Türkei beherberge zwar die größte tscherkessische Gemeinschaft der Welt, gleichzeitig finde dort jedoch auch deren „größte Assimilation“ statt. Dieses Zitat eines Interviewpartners sorgte in den sozialen Medien für große Empörung.

Verbände wehren sich gegen Behauptungen des Senders

Am Montag überschwemmten Nutzer mit kritischen Kommentaren die sozialen Medien. Sie verurteilten die DW Türkçe, die versuche, die Türkei zu diffamieren und die Tscherkessen gegen den Staat auszuspielen. Auch tscherkessische Verbände verurteilten den Sender in einer Erklärung.

Darin heißt es, Angehörige der tscherkessischen Gemeinschaft seien sowohl während der osmanischen Ära als auch in der darauffolgenden Republik Türkei immer „Bürger erster Klasse“ gewesen. Das erklärte Cemil Görücü, stellvertretender Direktor der Föderation der Vereinten Kaukasus-Vereinigungen, im Interview mit der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu (AA) am Montag.

„Deutschland soll, was Assimilation betrifft, vor der eigenen Türe kehren“

In der Türkei leben etwa 1,5 bis drei Millionen Menschen Tscherkessen. Hauptsächlich finden sich ihre Gemeinden in den nördlichen Provinzen Samsun, Amasya und Tokat sowie in den nordwestlichen Provinzen Sakarya, Kocaeli, Balıkesir und Kütahya. Die meisten von ihnen sind Nachkommen der tscherkessischen Gemeinschaft, die im Zuge des Kaukasuskrieges der 1860er Jahre weitgehend aus dem zaristischen Russland vertrieben wurde und in dieser Zeit sogar von Völkermord bedroht war.

Die in der Türkei lebenden Tscherkessen seien Bürger der Republik, betont Gürücü. Im Unabhängigkeitskrieg hätten viele von ihnen in den Schlachten von Kut al-Amara und Sarıkamış ihr Leben gelassen. Schon von daher könnten sie die Behauptung, sie seien assimiliert, nicht akzeptieren. Deutschland solle sich zuerst seiner eigenen Geschichte stellen, was die Assimilation angehe, fügte er an die Adresse des deutschen Auslandssenders hinzu.

Den Tscherkessen stehe es in der Türkei frei, an ihrer Identität festzuhalten. Görücü verwies auf Adygeisch als Wahlfach an Schulen und tscherkessische Sprachabteilungen an Universitäten. „Kein anderes Land hat uns das gegeben“, fügte er hinzu.

Tscherkessen-Forum: Empörung über „antitürkische Propaganda“

Auch das Çerkez Forum, ein Online-Forum der Gemeinschaft, prangerte Assimilationsbehauptungen an. Die türkischen Tscherkessen seien gegen „antitürkische“ Propaganda und stünden zu der türkischen Nation und dem Staat. Präsidentensprecher Ibrahim Kalın twitterte:

„DW Türkçe und andere sollen wissen: Wir werden nicht zulassen, dass irgendjemand die Menschen in der Türkei gegeneinander ausspielt. Unsere Einigkeit soll ihre größte Angst sein“. Kalın lobte die Reaktionen aus der tscherkessischen Gemeinschaft und bezeichnete den Beitrag auf DW Türkçe als „verräterisch“.

Auch der stellvertretende Vorsitzende und Sprecher der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), Ömer Çelik, retweetete den Beitrag und sagte: „Unsere tscherkessischen Brüder sind gegen eine Politik der Provokation und eine Berichterstattung, die den Wunsch hegt, Unruhe zu stiften.“

TRT Deutsch