19.08.2020, Hessen, Hanau: Ein neues Banner mit der Aufschrift „Kein Platz für Rassismus und Gewalt - Hanau steht zusammen für Respekt, Toleranz und Zivilcourage“ hängt an der Fassade des Rathauses hinter dem Gebrüder-Grimm-Denkmal (l). (dpa)
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Die Stadt Hanau hat eine für Samstag geplante Kundgebung zum Gedenken an die Opfer des rassistischen Anschlags vor sechs Monaten wegen akut steigender Corona-Infektionszahlen untersagt. Angesichts der Enttäuschung über die Absage teilte die Stadt am späten Freitagabend mit, dass es stattdessen eine Gedenkfeier im kleinen Rahmen geben solle.

Oberbürgermeister Claus Kaminsky hatte zunächst die geplante Demonstration mit mehreren tausend Teilnehmern untersagt und erklärt, sobald die Infektionsfälle wieder deutlich zurückgegangen seien, solle „diese Trauerbekundung selbstverständlich“ nachgeholt werden. Er und das Kreisgesundheitsdezernat seien schockiert über „die rasante Infektionsentwicklung“. Es sei mit einem weiteren Anstieg der Infiziertenzahl in den kommenden Tagen zu rechnen. Daher sei es nicht zu verantworten, mit einer Demonstration von 3000 bis 5000 Menschen womöglich zur weiteren Ausbreitung der Pandemie beizutragen.

Nach Angaben der Stadt meldete der Main-Kinzig-Kreis am Freitag, dass die Zahl der Neuinfizierten in Hanau je 100.000 Einwohner im Sieben-Tage-Rückblick auf 49 hochgeschnellt sei.

Die „Initiative 19. Februar“, die zur Kundgebung aufgerufen hatte, kündigte daraufhin an, dass es „trotzdem nicht ruhig bleiben“ werde. Stattdessen soll es nun ab 14.00 Uhr eine kleine Gedenkveranstaltung mit Angehörigen der Opfer des Terroranschlags geben. Die Teilnehmerzahl ist nach Angaben der Stadt auf 249 Menschen beschränkt.

Der Oberbürgermeister habe Verständnis, dass die Veranstalter nach ihrem immensen Organisationsaufwand enttäuscht seien, teilte die Stadt Hanau mit. Er danke ihnen, dass sie mit Verständnis auf seine Absage-Entscheidung reagiert hätten. „Wir unterstützen die Veranstalter nach Kräften“, erklärte Kaminsky.

Am 19. Februar erschoss der 43-jährige Tobias R. in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln. Er und seine Mutter wurden danach tot zu Hause gefunden. Ermittler stufen die Tat als rassistisch und rechtsextremistisch ein. R. veröffentlichte zuvor im Internet unter anderem ein Dokument mit verschwörungsideologischem Inhalt.

Das Corona-Eskalationskonzept des Landes Hessen schreibt vor, dass ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage in einer Region ein konsequentes Beschränkungskonzept gelten muss. Diese Schwelle sei nun leider erreicht, erklärte Kaminsky.

AFP