Generalstaatsanwaltschaft Berlin (dpa)
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Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel (SPD), hat sich dafür ausgesprochen, dass die Bundesanwaltschaft wegen der mutmaßlich rechtsextrem motivierten Serie von Bedrohungen und Anschlägen in seinem Bezirk ermittelt. „Der Generalbundesanwalt muss sich in die Ermittlungen zum rechten Terror in Neukölln einschalten. Die Neonazis sind sehr gut vernetzt - und diese Vernetzung macht an der Stadtgrenze nicht Halt. Hier könnte der GBA Licht ins Dunkel bringen. Das fordern auch die Betroffenen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Nach der seit Jahren anhaltenden Anschlagsserie von Rechtsextremisten in Berlin-Neukölln übernahm die Generalstaatsanwaltschaft der Hauptstadt sämtliche Ermittlungen. In einem der Verfahren seien Umstände zutage getreten, die die Befangenheit eines Staatsanwalts als möglich erscheinen ließen, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Zwei Staatsanwälte, die bisher mit den Fällen befasst gewesen seien, würden in andere Abteilungen umgesetzt.

„Jedem Anschein einer nicht sachgerechten Bearbeitung entgegenwirken“

Generalstaatsanwältin Margarete Koppers habe entschieden, sämtliche Ermittlungsverfahren zu übernehmen, in denen es um Straftaten gegen Menschen gehe, die sich in Berlin-Neukölln gegen Rechtsextremismus engagierten, hieß es. Jedem Anschein einer nicht sachgerechten Bearbeitung solle entgegen gewirkt werden. Die bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in diesen Verfahren würden durch die Generalstaatsanwaltschaft überprüft und dann fortgeführt.

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) erklärte auf Twitter, dies sei ein konsequenter Schritt. „Es darf keinen Zweifel daran geben, dass die Strafverfolgungsbehörden rechtsextreme Straftaten verfolgen.“

Nach früheren Angaben rechnet die Polizei der Serie rechtsextremer Taten in Neukölln 72 Fälle zu, darunter 23 Brandstiftungen. Viele davon wurden 2016 und 2017 begangen. Nach Brandanschlägen Anfang 2018 auf die Autos des Linken-Kommunalpolitikers Kocak und eines Buchhändlers hatte die Polizei Wohnungen von Rechtsextremisten durchsucht. Überführt werden konnten die Brandstifter aber nicht. Die Polizei geht von insgesamt drei Verdächtigen aus.

„Merkwürdige Verbindungen von AfD und Sicherheitsbehörden in Berlin-Neukölln“

Auch auf Bundesebene wächst die Besorgnis, dass es in der Berliner Justiz an der nötigen Unabhängigkeit mangeln könnte. Gerichte und Staatsanwaltschaften müssten über jeden Zweifel erhaben sein, sagte der Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae. Der Staat müsse gegen rechtes Gedankengut und rechte Gewalt entschlossen vorgehen. „Es darf an keiner Stelle auch nur der Eindruck entstehen, dass staatliche Institutionen dieser Gefahr nicht konsequent entgegentreten.“ Sein Fraktionskollege Benjamin Strasser sagte: „Die merkwürdigen Verbindungen von AfD und Sicherheitsbehörden in Berlin-Neukölln sind nicht erst seit gestern bekannt.“ Schließlich sei schon vor einiger Zeit herausgekommen, „dass wohl interne Informationen zum Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz von Polizisten in AfD-Chatgruppen veröffentlicht wurden“. Der Berliner Senat solle prüfen, ob sein Konzept gegen rechtsextreme Einstellungen bei der Polizei auf alle Justiz- und Sicherheitsbehörden ausgeweitet werden müsse.

dpa