14.06.2018, Bayern, Nürnberg: Eine Gedenktafel mit dem Abbild des NSU-Opfers Enver Şimşek hängt am Tatort an einem Baum. (dpa)
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Der als Waffenbeschaffer der rechtsextremen Terrorgruppe NSU verurteilte Carsten S. ist nach zwei Jahren hinter Gittern wieder auf freiem Fuß. Der Rest seiner dreijährigen Jugendstrafe sei zur Bewährung ausgesetzt worden, bestätigte sein Anwalt Johannes Pausch. Dies berichtete die Tageszeitung „taz“ am Mittwoch.

S. war im Rahmen des NSU-Prozesses im Juli 2018 verurteilt worden. Zunächst hatte er Revision eingelegt, diese dann aber im Gegensatz zu den weiteren Prozessbeteiligten wieder zurückgezogen.

Laut „taz“ ist S. bereits seit dem 12. Juni wieder in Freiheit. Er organisiere derzeit seinen Alltag neu und sei auf Jobsuche, sagte Pausch der Zeitung. Er bereue seine Tat bis heute sehr. „Aber er ist auch zuversichtlich, jetzt ein neues Leben beginnen zu können.“ Wo er sich aufhält, sei jedoch geheim, S. sei im Zeugenschutzprogramm, erklärte Pausch.

Das Oberlandesgericht München hatte S. wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen schuldig gesprochen. Weil er zur Tatzeit Heranwachsender war, wurde er nach Jugendstrafrecht verurteilt. Er hatte gestanden, dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) die Pistole der Marke „Ceska“ übergeben zu haben, mit der die Neonazi-Terroristen später neun Menschen ausländischer Herkunft erschossen. Laut „taz“-Bericht überbrachte der damals 19-Jährige im Jahr 2000 dem Trio dann ihre spätere Mordwaffe, die Ceska-Pistole, samt Schalldämpfer und Munition. Das erste Opfer soll vor fast genau 20 Jahren Enver Şimşek gewesen sein.

Von den geplanten Morden habe S. nichts gewusst. Die Anklage hatte sein Schuldeingeständnis und die Aufklärungshilfe positiv gewertet. S. hatte auch einen der Mitangeklagten schwer belastet. Mehrere Angehörige von NSU-Opfern hatten im Prozess seine Reue anerkannt und ihm nach eigenem Bekunden verziehen.

„Carsten S. brach kurz nach der Waffenabgabe und einem Vorbeugegewahrsam in anderer Sache mit der rechtsextremen Szene“, heißt es in der „taz“. „Er zog nach Düsseldorf, outete sich als schwul und arbeitete bei der Aidshilfe.“


TRT Deutsch und Agenturen