04.06.2020, Sachsen-Anhalt, Halle (Saale): Schusslöcher sind an der Eingangstür der Synagoge in Halle/Saale, durch die sich der Attentäter Stephan B. am 09. Oktober 2019 Zutritt verschaffen wollte, zu sehen. (dpa)
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In Halle hat ein Polizist am Dienstagabend vor einem Gebäude der Jüdischen Gemeinde auf ein aus Zellstoff gefertigtes Hakenkreuz getreten und es stillschweigend beseitigt, nachdem er zusammen mit einem Kollegen zum Ereignisort geschickt worden war.

Erst Videoaufnahmen zeigten, dass der Beamte auf das Hakenkreuz getreten war, es sich vom Schuh entfernte und veränderte. Direkt nach dem Einsatz hatte er gesagt, er habe nichts festgestellt. Gegen ihn laufen jetzt strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt sowie disziplinarrechtliche Ermittlungen. Er wurde in eine andere Dienststelle versetzt.

Am 31. Mai und am 2. Juni waren Hakenkreuze vor dem Gebäude der Jüdischen Gemeinde in Halle gefunden worden. Ein 64 Jahre alter Mann steht im Verdacht, aus Zellstoff gefertigte Hakenkreuze vor dem Gebäude in der Innenstadt abgelegt zu haben. Daraufhin wurde der Streifenwagen geschickt.

Der Bau gehört zu der Gemeinde, deren entfernt gelegene Synagoge am 9. Oktober 2019 Ziel des Anschlags eines Rechtsextremisten war. Ein Rechtsextremist hatte am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur versucht, schwer bewaffnet in die Synagoge einzudringen. Als er es nicht schaffte, die Holztür des Gebetshauses zu öffnen, erschoss er auf der Straße eine Frau und einen Mann. Der Prozess gegen den rechten Terroristen Stephan B. soll im Juli beginnen.

Polizeibeamter findet Antisemitismus nicht ahndenswert

Die innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der Linken, Henriette Quade, reagierte auf die illegale Entfernung des Hakenkreuzes durch einen Polizeibeamten mit Empörung. „Die Mitteilung aus dem Innenministerium schockiert uns zutiefst. Dass ein Polizeibeamter Antisemitismus offenbar nicht ahndenswert findet und bereit ist, schwerwiegende Dienstvergehen zu begehen, eine Straftat zu vereiteln und dadurch sogar selbst eine Straftat zu begehen, muss uns alarmieren. Es verweist darauf, dass Antisemitismus kein Problem gesellschaftlicher Ränder sondern weit verbreitet ist“, wird sie vom Nachrichtenportal „Halle Spektrum“ zitiert.

Auch der innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerte sich zur Tat des Beamten. „Sollte sich der Verdacht gegen den Polizeibeamten bestätigen, ist das absolut bestürzend“, sagte Sebastian Striegel. „Dieser besorgniserregende Vorgang muss nun zügig und vollständig aufgeklärt werden. Ich begrüße daher, dass das Innenministerium schnell und umfassend informiert hat und dass gegen den Polizeibeamten Straf- und Disziplinarverfahren eingeleitet wurden.“

TRT Deutsch und Agenturen