Symbolbild: Richterhammer (AA)
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Wegen Mitgliedschaft und Beteiligung an der Terrororganisation Daesh hat das Landgericht Hamburg eine 30-Jährige zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Angeklagte habe sich glaubhaft von der Gruppe distanziert, sich aus eigener Kraft deradikalisiert und ein umfassendes Geständnis abgelegt, sagte die Vorsitzende der Strafkammer, Petra Wende-Spors, bei der Urteilsverkündung am Mittwoch. „Sie hat hier reinen Tisch gemacht.“

Die in Kasachstan geborene Deutsche war 2012 nach dem Ende einer Beziehung zum Islam konvertiert, wie die Richterin ausführte. Bei Veranstaltungen der salafistischen Koran-Kampagne „Lies!“ habe sie ihren Ex-Freund wiedergetroffen. Der ehemalige Hells-Angel-Rocker habe sich ebenfalls zum Islam bekannt. Beide seien in die Fänge von Extremisten geraten, sagte Wende-Spors. Das Paar heiratete in einer Moschee. Im Sommer 2013 folgte die Angeklagte ihrem Mann nach Syrien, der dort bereits eine Ausbildung zum Scharfschützen gemacht hatte. Beide schlossen sich Daesh an.

Voll verschleiert und mit Kalaschnikow habe die Angeklagte in einem Propagandavideo von Daesh zur Vernichtung des Regimes von Baschar al-Assad aufgerufen, sagte die Richterin. 2014 sei der Mann der Angeklagten von einer gegnerischen Einheit getötet worden. Sie sei danach als Witwe eines Märtyrers hoch angesehen gewesen und habe sich das „Leben einer Prinzessin“ im Kalifat vorgestellt.

Ende 2015 habe die Kampfeinheit ihres gefallenen Mannes in den Irak gehen wollen. Sie versuchte dagegen, in die Türkei zu fliehen. Doch Daesh-Kämpfer nahmen sie gefangen. Durch eine Heirat mit einem Daesh-Mitglied sei sie freigekommen und habe in Rakka, der Hochburg der Terrororganisation gelebt. Angesichts häufiger Bombenangriffe und des Zusammenbruchs der Daesh-Herrschaft unternahm sie mit ihren inzwischen zwei kleinen Kindern einen neuen Fluchtversuch und geriet im Januar 2018 in die Gefangenschaft von PKK/YPG-Kämpfern.

Die Zeit dort und später in einem türkischen Lager seien die schwersten Jahre ihres Lebens gewesen, habe die Angeklagte vor Gericht gesagt. Sie habe ihren Schleier abgelegt und sei von ihren extremistischen Mitgefangenen angefeindet worden. Auf Intervention der deutschen Botschaft in Ankara habe die Türkei sie im Januar nach Deutschland abgeschoben.

Das Urteil nahm sie – wie auch die Staatsanwaltschaft – sogleich an.

dpa