Der Bundestag hat am Mittwoch seinen ersten Corona-Fall am gemeldet. Das Virus wurde nach Angaben der FDP-Fraktion bei einem ihrer Abgeordneten festgestellt. In Absprache mit der Parlamentsärztin und dem Bezirksamt Berlin-Mitte seien umgehend alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden, hieß es in einer Mitteilung. Der betroffene Abgeordnete Hagen Reinhold aus Rostock sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, erste Symptome seien nach einem Skiurlaub in Österreich aufgetreten. „Ich habe nach meiner Rückkehr leicht gehustet und mich am Montag von der Bundestagsärztin untersuchen lassen.“ Er habe die Krankheit inzwischen überwunden. Es gehe ihm gut.
Die FDP-Fraktion teilte mit, die Mitarbeiter des Abgeordneten befänden sich bereits zu Hause in vorsorglicher Quarantäne. Es werde eine Liste mit Kontaktpersonen erstellt, die ebenfalls vorsorglich in Quarantäne gehen sollen. „Zudem prüft die FDP-Fraktion mit der Bundestagsverwaltung mögliche Auswirkungen auf den Parlamentsbetrieb.“
Partei- und Fraktionschef Christian Lindner schrieb am Abend auf Twitter: „Herzliche Grüße an unseren Kollegen @reinholdmdb - er ist wegen #coronadeutschland in Quarantäne, aber er hat keine Beschwerden und es geht ihm zum Glück gut! Jetzt digitale Arbeit und #homeoffice... Meine Genesungswünsche daher an alle Erkrankten, denen es nicht gut geht!“
In der SPD-Bundestagsfraktion sind mehrere Abgeordnete und Mitarbeiter wegen des Kontakts zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person vorsorglich in häuslicher Quarantäne. Dazu zählen der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, die SPD-Fraktionsvizechefin Eva Högl und der rechtspolitische Sprecher Johannes Fechner, wie ein Fraktionssprecher am Mittwoch in Berlin mitteilte.
Der Grund sei eine Sitzung der Fraktionsarbeitsgruppe Recht am 2. März, an der eine inzwischen auf das Coronavirus positiv getestete Person aus dem Bundesjustizministerium teilgenommen habe. Die Teilnehmer der Sitzung, Abgeordnete und Mitarbeiter, seien informiert. Die direkten Sitznachbarn der infizierten Person seien ebenso zu Hause wie die weiteren Personen, die sich im Raum aufgehalten haben. Betroffen seien rund 15 Menschen.
Lauterbach sagte der „Bild“-Zeitung: „Ich gehe nicht davon aus, dass ich mich selbst infiziert habe, gehe aber dennoch bis Sonntag in häusliche Quarantäne.“ Es werde zur Normalität, dass sich Menschen infizieren. „Der Bundestag ist ein Hochrisiko-Gebiet, weil viele Menschen zusammenkommen und vorher mit vielen Menschen Kontakt hatten“, sagte Lauterbach, der selbst Mediziner ist.
Infektionen von Abgeordneten können den Parlamentsbetrieb empfindlich beeinträchtigen - bis hin zur Absage von Sitzungswochen. Die 709 Abgeordneten kommen nicht nur im Plenarsaal eng zusammen, sondern beispielsweise auch in den Sitzungen der Fachausschüsse. Der FDP-Abgeordnete Reinhold gehört dem Bauausschuss an.
Keine namentlichen Abstimmungen im Bundestag mehr
Als weitere Vorsichtsmaßnahme vereinbarten Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen am Mittwoch, in dieser Sitzungswoche auf namentliche Abstimmungen zu verzichten. Das Infektionsrisiko sei zu groß, hieß es zur Begründung. Bei diesen werden Stimmkarten in eine Art Urne geworfen, was regelmäßig zu großen Menschentrauben führt.
Der Bundestag will seinen regulären Betrieb möglichst lang aufrecht erhalten. Die Fraktionen vereinbarten auch, dass es keine Verzerrung der Mehrheitsverhältnisse geben soll, wenn etwa von einer Fraktion mehrere Abgeordnete nicht mehr an den Plenarsitzungen teilnehmen können. Dann würden aus den anderen Fraktionen möglicherweise Abgeordnete nicht an Abstimmungen teilnehmen.
Die nächste Sitzungswoche des Bundestags ab dem 23. März soll nach derzeitigem Stand wie geplant stattfinden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurden die Abgeordneten der Unionsfraktion darüber am Mittwoch vom Parlamentarischen Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) nach einer Runde der Parlamentarischen Geschäftsführer mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble informiert. Auch die Mediengruppe RTL hatte darüber berichtet.
Schäuble hatte in den vergangenen Tagen bereits angeordnet, dass die Kuppel und die Dachterrasse des Reichstagsgebäudes ab sofort für Besucher geschlossen werden. Außerdem werden bis Ende April Besuchergruppen nicht mehr in den Bundestag gelassen. Die Abgeordneten wurden aufgefordert, sich an die Hygienemaßnahmen zu halten und Dienstreisen auf das unbedingt nötige Maß zu reduzieren.
DPA
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