Brandenburg, Berlin: Ein Überblick über menschenleere Räume im Inneren des Flughafens Tegel (dpa)
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Die Betreiber des Berliner Flughafens Tegel bereiten in der Corona-Krise eine vorübergehende Schließung des Flughafens ab 1. Juni vor. Dazu soll bei der Luftfahrtbehörde die Befreiung von der Betriebspflicht beantragt werden, kündigte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am Mittwoch nach Gremiensitzungen an. „Wir werden den Antrag heute stellen.“
Ende Mai solle dann abhängig von der Passagierzahl entschieden werden. Der Berliner Flugbetrieb würde dann für mindestens zwei Monate auf den zweiten Berliner Flughafen in Schönefeld konzentriert. Die Flughäfen hätten nur noch ein Prozent der üblichen Passagierzahl, sagte Lütke Daldrup.
„Wir sehen praktisch weltweit, dass der Flugverkehr eingestellt ist, dass riesige Flughäfen in anderen Ländern geschlossen sind“, argumentierte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) im rbb-Sender 88,8. „Und wir müssen jetzt einfach auch sehen, dass es keinen Sinn macht, zwei Infrastrukturen aufrechtzuerhalten mit Tegel und dem alten Schönefelder Flughafen.“
Lütke Dalrup rechnet wegen weltweiter Reisebeschränkungen in der Corona-Krise nicht mit einer schnellen Erholung. Es könne länger als ein Jahr dauern. Geschäftsreisen erreichten möglicherweise gar nicht mehr das alte Niveau. „Von daher erwarten wir, dass es auch zwei, drei Jahre dauern könnte, bis wir ein Vorkrisenniveau erreichen.“
Tegel ist gemessen an der üblichen Passagierzahl der viertgrößte deutsche Flughafen nach Frankfurt, München und Düsseldorf. Schon im März hatte Lütke Daldrup vorgeschlagen, Tegel ab Mai vom Netz zu nehmen. Er scheiterte damit aber am Widerstand des Bundes, der mit Berlin und Brandenburg Eigentümer der Flughafengesellschaft ist.
Die Bedenken konnten auch in einer Gesellschafterversammlung am Mittwochnachmittag nicht ganz ausgeräumt werden. Nach Angaben des Verkehrsministeriums wollten seine Vertreter den Antrag verhindern, Tegel zeitweise außer Betrieb zu nehmen. Berlin und Brandenburg seien aber dafür gewesen. Sie halten zusammen 74 Prozent an der Flughafengesellschaft.

Schönefeld-Flughafen besser geeignet als Tegel
Als Allein-Standort für Berlin sei Schönefeld besser geeignet als Tegel, erklärte Lütke Daldrup. Er verwies darauf, dass es dort kein Nachtflugverbot gibt. Der Flughafen verfüge auch über ein Medizinzentrum, ein Frachtzentrum und den direkten Bezug zum neuen Hauptstadtflughafen BER. Dieser entsteht auf demselben Gelände und soll nach jahrelangen Verzögerungen im Oktober in Betrieb gehen.
Offene Fragen gibt es etwa noch zum Regierungsflughafen. „Erst wenn die Bedingungen am Flughafen Schönefeld einvernehmlich geklärt sind, kann überhaupt über die temporäre Schließung des Flughafens Tegel entschieden werden“, hieß es aus dem Bundesministerium. In zwei Wochen wollen die Gesellschafter wieder darüber sprechen.
Der Aufsichtsrat hatte sich am Mittwochvormittag ohne Gegenstimmen dafür ausgesprochen, Tegel außer Betrieb zu nehmen. „Der Aufsichtsrat ist für mich das maßgebliche Gremium“, sagte Lütke Daldrup. Im Berliner Abgeordnetenhaus gehen die Meinungen zu Tegel auseinander. So will etwa die CDU den Flughafen in Betrieb halten. In der SPD gibt es dagegen Stimmen, Tegel gleich dauerhaft dicht zu machen.
Die Flughafengesellschaft hat durch die Corona-Krise mit Einnahmeausfällen in dreistelliger Millionenhöhe zu kämpfen. Zuletzt flogen an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld nur etwa 1000 Passagiere pro Tag. Lütke Daldrup widersprach aber einer Studie, die die Gesellschaft nach Medienberichten als Sanierungsfall sieht. „Wir sind auf lange Sicht durch den Businessplan solide finanziert.“ Die Studie enthalte auch falsche Zahlen.
Ende des Jahres soll Tegel ohnehin endgültig vom Netz gehen. Nach mehreren geplatzten Terminen ist geplant, dass am 31. Oktober der BER eröffnet wird und am 8. November die letzte Maschine in Tegel abhebt. Am Dienstag hatte die Baubehörde das neue Hauptterminal des BER freigegeben.

dpa