Archivbild: Ein Flugabwehrraketensystem vom Typ Patriot. / Photo: DPA (dpa)
Folgen

Die Entscheidung Deutschlands und der USA zur Lieferung von Schützenpanzern an die Ukraine hat Freude und Erleichterung in Kiew ausgelöst. Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden in der Nacht zum Freitag herzlich für die Zusage. „Wir werden noch ein Patriot-System und mächtige Panzertechnik bekommen, das ist wirklich ein großer Sieg für unseren Staat“, sagte er in seiner Videoansprache. Botschafter Oleksii Makeiev twitterte schwarz-rot-goldene Herzen und die Worte „#DankeDeutschland“.

Scholz und Biden hatten sich Donnerstagabend in einem Telefonat darauf verständigt, der Ukraine erstmals Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer zu liefern. Die Bundesregierung will mehrere Dutzend Marder sowie ein Patriot-Flugabwehrsystem zur Verfügung stellen, wie es Washington schon kurz vor Weihnachten zugesagt hatte. Beide Länder wollen auch ukrainische Streitkräfte an den Panzern ausbilden. Dies markiert einen deutlichen Kurswechsel.

Biden sieht den russischen Angriffskrieg in der Ukraine an einem kritischen Punkt, wie er am Donnerstag (Ortszeit) bei einer Kabinettssitzung im Weißen Haus deutlich machte. „Wir werden der Ukraine helfen, sich gegen Luftangriffe zu verteidigen“, betonte er. Deswegen werde nun auch Deutschland ein Patriot-System zur Verfügung stellen. Die Patriots „funktionieren gut und die Russen fangen an zu erkennen, dass sie gut funktionieren“, sagte der US-Präsident.

Die Ukraine hatte die westlichen Alliierten und insbesondere Deutschland lange um Kampf- und Schützenpanzer gebeten. Scholz hatte aber immer wieder betont, dass Deutschland in dieser Frage nicht im Alleingang handeln werde. In einer ersten Reaktion schrieb Selenskyj am Donnerstagabend auf Twitter: „Zusammen mit dem früher gelieferten Iris-T-System und den Gepard-Flugabwehrpanzern leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag dazu, dass alle russischen Raketen abgefangen werden!“

Ankunft der ersten Panzer noch unklar

Wann die ersten Marder und Bradley in der Ukraine eintreffen werden, steht noch nicht fest. Der deutsche Militärexperte Carlo Masala sagte am Abend im ZDF, die Ausbildung ukrainischer Soldaten am Marder solle im ersten Quartal 2023 abgeschlossen sein. „Zeit ist der kritische Faktor.“ Der deutsche Schützen- und der französische Spähpanzer könnten für die ukrainische Offensive einen entscheidenden Unterschied machen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Selenskyj bereits am Mittwoch schwer bewaffnete Spähpanzer zugesagt.

Nach Angaben aus Regierungskreisen will Deutschland „mehrere Dutzend“ Marder in die Ukraine liefern. Bereits im Sommer hatte der Hersteller Rheinmetall 100 der Schützenpanzer für die Ukraine angeboten. Inzwischen sind davon 40 für Griechenland bestimmt, das dafür Schützenpanzer sowjetischer Bauart in die Ukraine liefert. Weitere 60 Marder könnten also an die Ukraine abgegeben werden.

Grüne und FDP erleichtert – AfD äußert Kritik

Die Koalitionspartner FDP und Grüne, die schon lange auf die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern dringen, reagierten mit Erleichterung. AfD-Chef Tino Chrupalla warnte dagegen: „Deutschland droht endgültig zur Kriegspartei zu werden - mit unabsehbaren Folgen für unser Land und seine Bürger.“

Grünen-Chef Omid Nouripour machte deutlich, dass noch mehr Unterstützung nötig sei. Die Freigabe der Schützenpanzer sei eine wichtige Grundlage für die Konsultationen über weitere notwendige Hilfe für die Ukraine, erklärte er. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann twitterte: „Wir werden die unschuldigen Menschen nicht im Stich lassen. Und wir sind weiter gefordert.“

Forderung nach Leopard 2 Panzer

Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Sie begrüßte zwar, dass „speziell das Kanzleramt“ den Weg für die Lieferung der Marder frei gemacht habe. „Es kommt sehr spät, aber nicht zu spät. Unser Einsatz hat gewirkt“, schrieb sie auf Twitter, betonte aber zugleich: „Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard.“

Die Ukraine fordert seit Monaten auch die Lieferung der schweren deutschen Kampfpanzer vom Typ Leopard 2. Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte Scholz auf, nachzulegen. „Westliche Kampfpanzer können die Wende bringen“, schrieb er auf Twitter.

Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner wies solche Forderungen zurück: „Den Absichten des Kriegsverbrechers Putin ist nie zu trauen. Dennoch ist pauschales Nein zu „Waffenruhe“ ohne Prüfung ebenso fragwürdig wie Ruf nach „richtigen deutschen Kampfpanzern“, kaum dass Verbündete entschieden haben, Schützenpanzer zur Verteidigung der Ukraine zu liefern“, schrieb er auf Twitter.

dpa