Me-Too-Debatte in Griechenland: Regierungskrise wegen Vertuschungsversuchen – Intendant Dimitris Lignadis wird festgenommen (Reuters)
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Sport und Kultur in Griechenland werden von einer Me-Too-Debatte erschüttert, die nun auch den Posten der Kultusministerin ins Wanken bringt. Anlass ist die Festnahme des bekannten griechischen Schauspielers und Intendanten des Nationaltheaters in Athen, Dimitris Lignadis. Dem 56-Jährigen wird von zwei Männern vorgeworfen, sie im Teenager-Alter in den Jahren 2010 und 2015 vergewaltigt zu haben.

Vergangenes Wochenende nahm die griechische Polizei den künstlerischen Direktor Dimitris Lignadis fest, der nach Medienberichten über Vergewaltigungen von minderjährigen Jungen in den Jahren 2010 und 2015 schon Anfang des Monats zurückgetreten war. Lignadis sitzt seit Sonntag in Untersuchungshaft - und die Forderungen nach dem Rücktritt von Kultusministerin Lina Mendoni werden immer lauter. Die Kulturministerin hatte ihn erst gedeckt und verlangt nun eine kathartische Reinigung. Mendoni behauptet jetzt, seinen Rücktritt gefordert zu haben.

Kultusministerin Mendoni hatte bei der Besetzung des Chefpostens des Nationaltheaters im Jahr 2019 auf die sonst übliche Ausschreibung verzichtet und Lignadis direkt ernannt. „Er hat uns und mich getäuscht“, sagte sie nun in Reaktion auf die Festnahme des Intendanten. Vor allem diese lapidare Äußerung sowie die Weigerung, Konsequenzen zu ziehen, sind es, die ihr übel genommen werden. Kulturschaffende und die Opposition fordern Mendonis Rücktritt. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis müsse Mendonis Rücktritt veranlassen, er müsse Verantwortung übernehmen, forderte der Linken-Politiker und Oppositionschef Alexis Tsipras. Parlamentarier der amtierenden konservativen Nea Dimokratia sprachen sich zudem erstmals für den Rücktritt Mendonis aus. Die Stimmung ist inzwischen so aufgeheizt, dass von Vertuschungsversuchen und einer drohenden Regierungskrise gesprochen wird.

Die aktuelle Me-Too-Debatte ist in ihrem Umfang die erste ihrer Art in Griechenland. Losgetreten wurde sie von der landesweit beliebten Seglerin Sofia Bekatorou, vierfache Weltmeisterin, Olympionikin und zweifache Weltseglerin des Jahres. Die 43 Jahre alte Sportlerin hatte Mitte Januar einem hohen Funktionär des griechischen Segelverbands EIO sexuellen Missbrauch vorgeworfen, der 1998 stattgefunden haben soll und nunmehr verjährt ist. Seither vergeht kaum ein Tag ohne neue, zum Teil massive Vorwürfe vor allem in den Bereichen Sport und Kultur.

TRT Deutsch und Agenturen