Belgien: Polizisten droht Haft wegen tödlichem Schuss auf Flüchtlingskind – Irakische Familie vor Gericht (AFP)
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Einem belgischen Polizisten droht wegen des Todes eines zweijährigen kurdischen Flüchtlingsmädchens aus dem Irak eine einjährige Haftstrafe auf Bewährung. Die belgische Staatsanwaltschaft warf dem 48-Jährigen am Dienstag vor, mit seinem Schuss auf einen Kleinbus von mutmaßlichen Menschenschmugglern die offensichtliche Gefahr für die Insassen in Kauf genommen zu haben. Die Anklage sah demnach jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beamte bewusst töten wollte. Das irakische Flüchtlingsmädchen Mawda Shawri befand sich im Frühjahr 2018 gemeinsam mit rund 30 weiteren Migranten in dem Kleinbus, während sich dieser eine wilde Verfolgungsjagd mit den Sicherheitskräften lieferte. Nach Angaben der Polizei hatte der Beamte den Schuss in der Absicht abgegeben, den Kleinbus zu stoppen, der zu diesem Punkt bereits rund 60 Kilometern verfolgt worden war.

„Jeder vernünftige Mann hätte unter ähnlichen Umständen keine Waffe abgefeuert“

Der Angeklagte brachte am Montag vor Gericht sein Bedauern zum Ausdruck. „Wenn ich gewusst hätte, dass dort ein Kind war, hätte ich niemals meine Waffe gezogen“, sagte er am ersten Prozesstag im südbelgischen Mons. „Jeder vernünftige Mann hätte unter ähnlichen Umständen keine Waffe abgefeuert“, sagte hingegen eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Zugleich gebe es allerdings „keinen Anscheinsbeweis dafür, dass der Polizeibeamte wissentlich, vorsätzlich und absichtlich das Leben anderer gefährden wollte“, sagte die Sprecherin weiter. Damit widersprach sie den Argumenten der Anwälte von Mawdas Eltern, die eine Verurteilung wegen Mordes forderten. Neben dem Polizisten saßen auch der Fahrer des Kleinbusses sowie der mutmaßliche Schmuggler, der den Transport organisiert haben soll, auf der Anklagebank. Die beiden irakischen Kurden befinden sich in Untersuchungshaft und bestreiten ihre Schuld am Tod des Mädchens. Im Grenzgebiet zwischen Belgien und Frankreich sind seit Jahren viele illegal eingereiste Migranten unterwegs. Viele versuchen in die französische Hafenstadt Calais zu gelangen, von wo aus sie nach Großbritannien weiterziehen wollen.

AFP