Hanau, 2020 (AA)
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Am zweiten Jahrestag des rassistischen und islamfeindlichen Terroranschlags vom 19. Februar 2020 in Hanau, der sich insbesondere gegen Türken und Muslime richtete, gedenken wir erneut der unschuldigen Menschen, die dabei ihr Leben verloren haben. Den trauernden Familien und Angehörigen wünschen wir viel Kraft.

Auch nach zwei Jahren ist der Schmerz über dieses schreckliche Ereignis noch immer akut. Verlorene Menschenleben können leider nicht wieder gut gemacht werden. Es ist jedoch von großer Bedeutung, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Schmerz der Hinterbliebenen soweit möglich zu lindern, Gerechtigkeit herzustellen und ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern.

Die Bundesanwaltschaft hat im vergangenen Dezember die Ermittlungen zu dem Anschlag eingestellt und mitgeteilt, dass es keine Anhaltspunkte für Mittäter oder Mitwisser des Attentäters gebe. Es gibt jedoch immer noch viele Fragen, auf die die Familien und Angehörige Antworten haben wollen – vor allem wie eine Person, die bekanntermaßen schwere psychische Probleme hatte, einen Waffenschein erhalten konnte. Wir erwarten in erster Linie, dass die Ermittlungen zum rassistischen Terroranschlag in Hanau mit großer Sorgfalt und lückenlos durchgeführt werden und dass im Falle von Versäumnissen der Behörden, die zu diesem Anschlag geführt haben könnten, diese aufgedeckt und die erforderlichen rechtlichen und administrativen Schritte eingeleitet werden. Nur so kann das Leid der Opferangehörigen gelindert und Gerechtigkeit hergestellt werden.

Der Anschlag in Hanau ist leider nicht das erste Beispiel für tödlich endende rassistische Gewalt in Deutschland. Auch in der Vergangenheit wurden Türken und Menschen anderer Nationalitäten ermordet – in Solingen, Mölln und vielen anderen Orten. Viele Unschuldige wurden Opfer der rassistischen NSU-Morde, die nach der in der Öffentlichkeit vorherrschenden Meinung auch nicht vollkommen aufgeklärt wurden. Alltagsdiskriminierung ist mancherorts zur Gewohnheit geworden.

Es ist zwingend erforderlich, dass die notwendigen Lehren aus diesen Ereignissen gezogen werden, damit sich solche schrecklichen Vorfälle nicht wiederholen. Wir begrüßen die von der Bundesregierung in den vergangenen Jahren, insbesondere nach dem Anschlag von Hanau, ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Bedrohungen. Es ist wichtig, dass die angekündigten Maßnahmen effektiv und schnell umgesetzt werden. Wir werden sie weiterhin aufmerksam verfolgen.

Im Kampf gegen den in den letzten Jahren sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern zunehmenden Rassismus und die ständig wachsende Islamfeindlichkeit sind gesellschaftliches Bewusstsein und entschlossenes Handeln der Politik von erheblicher Bedeutung. Wir glauben, dass der Anschlag von Hanau in diesem Sinne einen wichtigen und endgültigen Wendepunkt darstellen sollte. Wir sind der Überzeugung, dass sich eine neue politische und gesellschaftliche Kultur durchsetzen sollte, die sich jeder Art von Rassismus und Diskriminierung entgegenstellt. Es sollte verinnerlicht werden, dass solche krankhaften Ansichten keinen Platz in der Gesellschaft haben.

Wir erwarten von allen Akteuren und Entscheidungsträgern, dass sie ihrer Verantwortung entschiedener nachkommen, um das Ziel der Schaffung eines politischen und gesellschaftlichen Umfelds zu erreichen, in dem sich alle, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, sicher und gleichberechtigt fühlen.

Deshalb freuen wir uns, dass die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser ausdrücklich betonte, dass die neue Regierung für ein Deutschland steht, „in dem alle Menschen frei und ohne Angst leben – ganz gleich, in welchem Viertel sie wohnen, wen sie lieben, woran sie glauben oder woher ihre Familien einmal kamen“ und dass der Kampf gegen Rechtsextremismus für sie besondere Priorität hat.

Auch die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas betonte mit Blick auf islamfeindliche Tendenzen, „wer gegen Muslime und ihren Glauben hetzt, der macht sich als Freund des Judentums unglaubwürdig“. Rassismus habe in der deutschen Gesellschaft keinen Platz – weder in der Gegenwart noch in der Zukunft.

Als diplomatische und konsularische Vertreter der Republik Türkiye werden wir weiterhin alle Arten von Rassismus und Diskriminierung überall entschieden bekämpfen.

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