Inflation im April: Verbraucherpreise steigen um 7,4 Prozent (dpa)
Folgen

Mit einem Inflationsanstieg um 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat hat die deutsche Wirtschaft den höchsten Inflationswert seit 1974 erreicht. Schon im April hatte die deutsche Wirtschaft ihren größten Tiefpunkt seit 1981 erreicht. Die meisten Experten hatten mit solch einem Inflationsanstieg nicht gerechnet. Die Erwartung lag bei 7,6 Prozent. Auch wenn der Krieg in der Ukraine als einer der Hauptgründe ausgemacht wird, sind auch Nachwirkungen der Corona-Pandemie immer noch in der deutschen Wirtschaft zu spüren. Die deutsche Bevölkerung, vor allem im sozialen Mittelstand, ist mittlerweile sehr beunruhigt von der aktuellen wirtschaftlichen Lage. In einer Umfrage wird vor allem die Wirtschaft als Deutschlands Problem Nummer 1 genannt, wohingegen Klimawandel und Sicherheit Platz 2 und 3 belegen. Hier wird es interessant zu beobachten sein, inwiefern die deutsche Regierung handeln und sich die wirtschaftliche Entwicklung auf die deutsche Innen- und Außenpolitik auswirken wird.

Ursachen und Folgen der steigenden Inflation

Die steigende Inflation hat natürlich viel mit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu tun. Während die Energiepreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 38,3 Prozent stiegen, erhöhten sich die Lebensmittelpreise um 11,1 Prozent. Aber auch wegen der Corona-Pandemie kommt es immer noch zu Lieferengpässen. Einer der Hauptmaßnahmen der Bundesregierung ist der Verzicht auf drei Milliarden Euro in den Monaten Juni und August, um diesem Problem entgegenzuwirken. Dies würde in der Theorie bedeuten, dass Benzin 29,55 Cent und Diesel 14,04 Cent pro Liter weniger kosten würde. Laut dem Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmiedling, würde durch diesen Rabatt die Bevölkerung entlastet werden und sich im Herbst die Wirtschaft entspannen.

Neben der steigenden Inflation sind vor allem Waren aus dem Ausland auf einem neuen Höhepunkt angelangt. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen im April importierte Waren um 31,7 Prozent, der stärkste Zuwachs seit der Ölkrise im September 1974. Schon im März waren die Einfuhrpreise im Außenhandel um 31,2 Prozent gestiegen. Am stärksten betroffen sind die importierten Energiepreise , die im Vergleich zum Vorjahr um 157 Prozent stiegen. Den Großteil dabei machte die Gaseinfuhr aus, deren Preis sich mehr als vervierfachte. Während die Preise für Steinkohle ähnlich stark betroffen sind, ist auch ein starker Anstieg bei Rohöl und Benzin zu beobachten.

Bevölkerung leidet immer mehr

Die steigenden Verbraucherpreise wirken sich zudem negativ auf die Kaufkraft der deutschen Bevölkerung aus. Die Löhne stiegen im ersten Quartal um 4,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Auf der anderen Seite stiegen die Preise im selben Zeitraum um 5,8 Prozent, weswegen die Reallöhne um 1,8 Prozent sanken.

Aus einer Umfrage von der Jobseite Indeed geht hervor, dass vor allem Arbeitnehmer mit bis zu 2000 Euro Nettoeinkommen von den steigenden Lebensunterhaltskosten betroffen sind. Laut der Umfrage kommt jeder dritte Befragte nicht mehr über die Runden in seinem Alltag. Daneben können sich 47 Prozent vorstellen, ihren Job zu wechseln, wenn ein höheres Gehalt in Aussicht gestellt wird. 55 Prozent fordern aufgrund der hohen Inflationsrate eine Lohnerhöhung von dem Unternehmen, bei dem sie arbeiten. Dabei schwebt den Befragten eine Lohnerhöhung von sechs bis fünfzehn Prozent vor. 54 Prozent gebe als Grund die hohe Inflationsrate an, 43 Prozent der Befragten verweisen auf ihre eigene Leistung. Mit Hinblick auf die Arbeitgeber geht aus der Umfrage hervor, dass 70 Prozent der Befragten keine Lohnerhöhung bekommen haben und lediglich 10 Prozent von ihrem Unternehmen ein erhöhtes Einkommen beschert bekommen haben.

Wie sieht die Zukunft aus?

Die steigende Inflationsrate und die damit verbundenen erhöhten Lebensunterhaltskosten werden unumgänglich dazu führen, dass Unternehmen die Löhne für ihre Arbeitnehmer erhöhen müssen. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel erwartet, dass hohe Zahlen in den Tarifverhandlungen erreicht werden und sich bereits jetzt in einigen Tarifverträgen die Gehälter im Schnitt bis zu vier Prozent erhöht haben. Auch Isabel Schnabel, deutsche Vertreterin im Direktorium der Europäischen Zentralbank, gibt an, dass auf jeden Fall höhere Löhne kommen. Die einflussreiche Gewerkschaft IG Metall forderte beispielsweise 8,2 Prozent mehr Gehalt für die Arbeitnehmer in der Eisen- und Stahlbranche.

Die Bundesregierung ist drauf und dran, der stagnierenden wirtschaftlichen Entwicklung mit Maßnahmen entgegenzuwirken. Dabei wird es in den kommenden Wochen und Monate sehr interessant zu beobachten sein, inwiefern Deutschland in seiner Außenpolitik handeln wird. Ein Ölembargo gegen Russland bis zum Ende des Jahres wird auf EU-Ebene gefordert. Mit Hinblick auf die steigenden Energiepreise würde dies eine sehr riskante Entscheidung bedeuten. Die politischen Entwicklungen hinsichtlich Russlands führen jedoch dazu, dass Deutschland und die EU vielleicht auch so eine Entscheidung treffen müssen, um ihren Aussagen aus den letzten Monaten gerecht zu werden. Die Frage ist jedoch, ob die deutsche Bevölkerung diese Politik weiter befürwortet. Falls sie weiter leiden sollte und die deutsche Regierung keine Antwort auf die andauernde Krise findet, könnte dies zu einem radikalen Kurswechsel in der deutschen Außenpolitik führen.

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