25.02.2022, Brandenburg, Schwedt: In der PCK-Raffinerie GmbH wird überschüssiges Gas in der Rohölverarbeitungsanlage verbrannt. (dpa)
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Im Internet geht gerade ein Video viral, das das Versagen der letzten Bundesregierung erschreckend vor Augen führt: Der damalige US-Präsident Donald Trump warnt auf einer UN-Vollversammlung in seiner Rede in Richtung Deutschland, das Land werde vollständig abhängig von russischer Energie, wenn es nicht sofort den Kurs ändere. Heiko Maas, damals Außenminister, und die deutsche Regierung sitzen da und lachen über die Warnung. Der jetzigen Bundesregierung dürfte inzwischen das Lachen vergangen sein. Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine wird deutlich, in welchen Würgegriff sich Deutschland sehenden Auges begeben hat.

Russland ist größter Gaslieferant

Nach Daten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bezog das Land zuletzt über die Hälfte seines Erdgasbedarfs aus Russland. Das Gas strömte bisher durch die Ukraine und Belarus und auch über Nord Stream 1 durch die Ostsee. Die Verwundbarkeit Deutschlands ist also hoch. Neben Russland sind es noch Norwegen mit 20 Prozent Anteil an der Lieferung und die Niederlande, die etwa 11 Prozent der Gaslieferungen an Deutschland ausmachen. Im Land selbst kann man nur fünf bis sechs Prozent des heimischen Bedarfs abdecken. Die Förderung ist aber seit Jahren rückläufig.

Deutschland steht unter Schock. Lange hatte die Merkel-Regierung und danach auch Kanzler Scholz auf den Dialog mit Russland gesetzt. Jetzt ist dieser Kurs krachend gescheitert. Immer mehr Menschen fragen sich, warum die Rohstoff-Abhängigkeit von Russland noch bis zum Schluss vorangetrieben wurde.

Nord Stream 2: Symbol gescheiterter Außenpolitik

Selbst nach 2014, Russland hatte damals schon die Ukraine überfallen, trieb die deutsche Politik das Projekt Nord Stream 2 voran. Befürworter saßen hier nicht nur in den Reihen der SPD. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) betonte immer wieder, dass es sich bei Nord Stream 2 um ein „privatwirtschaftliches“ Projekt handele. Dementsprechend hielt sie an den Plänen der Pipeline fest. Ihr Nachfolger Scholz (SPD) übernahm allzu gerne die Merkel-Argumentation.

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), gehörte ebenfalls zu den vehementesten Unterstützern des Projekts. Anlanden sollte die Pipeline in dem nordöstlichen Bundesland – im Übrigen im damaligen Merkel-Wahlkreis. In Mecklenburg-Vorpommern gab es eine breite, parteiübergreifende Mehrheit für das Projekt.

Kritik an dem Projekt wurde immer wieder mit dem Hinweis auf die „Privatwirtschaftlichkeit“ mundtot gemacht. Der Bau der Pipeline war aber eine geostrategische Dummheit und ein großer Affront für die Ukraine und die mittel- und osteuropäischen Länder. Noch wenige Woche vor dem russischen Überfall fiel es Scholz noch sichtlich schwer, sich vom Pipeline-Projekt zu verabschieden. Erst nach Kriegsbeginn wurde das Genehmigungsverfahren sofort gestoppt.

Liefermengen aus Russland ersetzen

Wie kann man sich nun aber aus der russischen Umklammerung lösen? Diese Frage beschäftigt viele Menschen im Land. Die Politik schützt auch hier wieder einmal Geschäftigkeit vor. Die EU-Kommission hat gerade erst über die zukünftige Energie-Strategie beraten. Die EU, so das Credo, möchte unabhängig von Energieimporten aus Russland werden. Dafür laufen schon seit einigen Wochen Verhandlungen mit anderen Ländern. Man möchte die Liefermenge aus Russland ersetzen. Hier sind es vor allem die arabischen Staaten, allen voran Katar, aber auch die USA, die wichtige Ansprechpartner sind. Es geht vor allem um Flüssigerdgas, das so genannte LNG, das allerdings aufwendig und unter hohem Energieverbrauch per Schiff transportiert werden muss.

Bei E-Autos bleiben russische Rohstoffe wichtig

Man hat den Eindruck, dass das deutsche und europäische Problem mit dem Ersatz der russischen Energie gelöst werden kann. Plötzlich werden Überlegungen angestellt, die in den letzten Jahren völlig undenkbar gewesen wären: Kohlekraftwerke sollen stärker genutzt werden, und auch die Rückkehr zu Atomstrom wird im Moment nicht mehr ausgeschlossen. Der Druck ist so groß, dass mancher Politiker, insbesondere im Lager der Grünen, seine über Jahre gepflegte Ideologie über Bord wirft. Langfristig, so hört man es aus der Politik immer wieder, muss man aber auf erneuerbare Energie setzen. Das wäre der Ausweg aus dem jetzigen Dilemma. Das Gegenteil könnte aber der Fall sein: Russland könnte gerade in diesem Bereich schnell wieder mitspielen.

Deutschland importiert nicht nur Erdgas aus Russland. Vor allem im Bereich der Bodenschätze spielt Russland eine wichtige Rolle. So ist das Land beispielsweise zweitgrößter Lieferant für Aluminium und für Nickel. Beide Metalle sind wichtige Rohstoffe für Elektroautos. E-Mobilität soll eine wichtige Säule in der Verkehrswende sein.

Nun fürchten Autohersteller nicht nur in Deutschland, sondern rund um den Globus Lieferengpässe im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Entsprechend teuer ist Nickel seit Beginn des Kriegs geworden. Aber auch schon davor stieg der Nickelpreis kurz nach Beginn der Corona-Pandemie steil an. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Edelmetalle entscheiden über das Gelingen der Energiewende

Aber auch bei Palladium spielt Russland ganz weit vorne. Nach Südafrika ist Russland der zweitgrößte Exporteur dieses Rohstoffs. Zusammen kommen beide Länder auf 75 Prozent des weltweit verfügbaren Palladiums. Dieses kommt in Brennstoffzellen und als Katalysator zum Einsatz. Damit ist es nicht nur für die Wasserstoffmobilität unverzichtbar, sondern auch für Langzeitenergiespeicher. Diese sind für erneuerbare Energiekonzepte wichtige Komponenten. Russland hat also auch hier die Hand drauf.

Das Problem der Abhängigkeit liegt also nicht nur im Bereich der fossilen Energie. Der Energiebereich ist und bleibt also die Schwachstelle Europas. Für Russland ein Druckmittel, das das Land nutzen wird. Eine schnelle Befreiung aus dieser Lage dürfte schwierig werden. Dies gehört zur Ehrlichkeit, die man von der Politik erwarten würde.

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