Archivbild: NRW-Chef Armin Laschet (links) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kandidieren für den CDU-Parteivorsitz.  (dpa)
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Obwohl momentan kein Ende der Corona-Krise zu erwarten ist, scheint sich der politische Alltag in Deutschland einigermaßen zurückgefunden zu haben – zumindest in einigen Themenbereichen. Während sich in den letzten Tagen mehrere Autoren wieder einmal mit der Zukunft der CDU beschäftigten (u.a.: 1; 2; 3; 4; 5), wird mittlerweile sogar angedeutet, dass es noch zu einer Überraschung kommen könnte. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) könne seine Unterstützung für Armin Laschet, Nordrhein-Westfalens (NRW) Ministerpräsident und Kandidat für den CDU-Parteivorsitz, beenden. Spahn hatte vor der Corona-Krise bekanntgegeben, Laschet bei seiner Kandidatur zu unterstützen. Ein durchaus nachvollziehbarer Schritt seitens Spahn mit der möglichen Erwartung, anschließend im Parteipräsidium eine dominantere Position zu erhalten. Oder sogar eine wichtige Funktion in einem zukünftigen Bundeskabinett Ende 2021, das von Laschet geführt würde, sofern der NRW-Chef es auch tatsächlich zur ebenfalls geplanten Kanzlerkandidatur und zum anschließenden Bundestagswahlerfolg schaffen sollte.

Zurzeit wird aber spekuliert, dass Spahn seine Unterstützung für Laschet zurückziehen könnte, mit der Absicht ein Bündnis mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu schließen. In der Regel werden diese Andeutungen ohne konkrete Quellen erwähnt, sondern höchstens auf Kulissen oder anonymisierte Parteikollegen hingewiesen. Ein Bündnis, demnach Spahn den CDU-Bundesvorstand und Söder –als dritter CSU-Politiker in der Geschichte der Bundesrepublik– die Kanzlerkandidatur für die CDU/CSU übernehmen würde, wäre jedoch von ungewöhnlicher Art. Zwar könnten derartige Spekulationen auch von bestimmten Politikern Unterstützung finden, heißt es, doch inwiefern sich die Lage bis zum Parteitag im Dezember noch verändert und welche Prioritäten die 1001 CDU-Delegierten haben werden, bleibt weiterhin offen.

Neben Laschet sind im Machtkampf um den CDU-Vorsitz auch die offiziellen Kandidaten Friedrich Merz und Norbert Röttgen weiterhin im Rennen. Obwohl Umfragen zufolge Laschet in den letzten Monaten Beliebtheitsverluste hinnehmen musste, kann generell nicht behauptet werden, dass Merz oder Röttgen als Parteivorsitzender bzw. Kanzlerkandidat eine viel bessere Chance hätten. In Bezug auf die Erfolgschancen von Friedrich Merz scheint man sich zwar in den letzten Tagen wieder einmal sowohl in medialen als auch politischen Kreisen nicht allzu sicher zu sein. Doch seit Beginn der Corona-Krise scheinen beide Kandidaten generell in Vergessenheit geraten zu sein. Trotz Bemühungen beider Kandidaten, ihre Positionen zu verschiedenen Themen von der Wirtschaft bis hin zur Außenpolitik medial zum Ausdruck zu bringen, hat sich das öffentliche Interesse eher dem NRW-Ministerpräsidenten Laschet und Bayerns Ministerpräsidenten Söder gewidmet.

Krisenmanagement als wichtiges Kriterium für Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur?

Zu Beginn der Corona-Pandemie sprach vieles für einen längeren bundesweiten „Lockdown“. So wurden umfangreiche Corona-Maßnahmen beschlossen, die aber in vielerlei Hinsicht sowohl die Wirtschaft belasteten, als auch die Grundfreiheiten der Menschen massiv einschränkten. Während Söder längere Zeit der Meinung war, dass die Corona-Maßnahmen fortgesetzt werden müssten, war Laschet einer der ersten, der dazu aufrief, man müsse zu einer baldigen verantwortungsvollen Normalität zurückfinden. Obwohl Söders Kurs anfänglich auch bei der Bevölkerung große Unterstützung fand, setzte sich letztlich der Aufruf nach Lockerungen durch. Zwar hängen auch mit diesem Schritt verschiedene Faktoren zusammen, wie beispielsweise der Rückgang der Infektionszahlen sowie das verantwortungsbewusstere Verhalten der Bürger. Trotzdem ist festzuhalten, dass einige Stimmen von Anfang an für Lockerungen und Rückkehr zur Normalität plädiert haben. Ob man sich – trotz Fehler im Umgang mit der Krise – an diese Positionen auch während des Bundesparteitages im Dezember erinnern wird und ob diese Standpunkte eine bedeutsame Rolle für die Delegierten spielen werden, bleibt natürlich offen.

Es erscheint aber eher unwahrscheinlich, dass Spahn das Bündnis mit Laschet auflöst. Solch einen gewagten Schritt aufgrund aktueller Umfrage- und Popularitätswerte Laschets zu unternehmen, birgt ein politisches Risiko. Auch ist zu berücksichtigten, dass Spahn, der in diesen Tagen zwar wieder mediale und politische Unterstützung genießt, zu Beginn des Ausbruchs der Coronavirus Versäumnisse eingeräumt und die Krise heruntergespielt hatte.

Es wäre vielleicht auch nicht falsch, der Frage nachzugehen, ob die Bundesregierung bzw. der Bundesgesundheitsminister tatsächlich eine erfolgreiche Leistung im Kampf gegen das Coronavirus erbracht haben. Angesichts der aktuellen globalen Lage wird zwar das Argument angeführt, dass Deutschland insgesamt und vergleichsweise gut dastehe – was zum Teil auch stimmt – und eine bis dato erfolgreiche Krisenbekämpfung durchgeführt habe. Dabei wird betont, dass es in Deutschland nicht zu dramatischen Zuständen wie in Italien oder Spanien gekommen sei. Doch die Corona-bedingte Todesrate in Deutschland und jene Maßnahmen, deren Verhältnismäßigkeit nun rückblickend ebenfalls zunehmend in Frage gestellt werden kann, könnten bald auch dieses vorherrschende Bild von Deutschland verändern. Vor allem die bevorstehenden wirtschaftlichen Folgen der Krise werden sicherlich noch Einfluss auf die allgemeine Bewertung haben.

Gewiss wird es auch Fragen bezüglich Markus Söder geben, der in Bezug auf bestimmte Themen, die letzten Endes auch seine Partei bzw. Parteikollegen betreffen, keine konkreten Positionen einnimmt. Die aktuelle Debatte um Bundesinnenminister Horst Seehofer (ehemaliger CSU-Chef) ist in diesem Zusammenhang besonders erwähnenswert, da Seehofer eine Journalistin wegen ihrer Kolumne über Polizeigewalt anzuzeigen plante aber später dann doch verkündete, auf eine Anzeige zu verzichten. Während bekannt wurde, dass aufgrund Seehofers Vorhaben Bundeskanzlerin Merkel (CDU) mit Seehofer im Gespräch sei, hielt sich CSU-Vorsitzender Söder aus dieser sehr umstrittenen Debatte heraus. In der Zukunft allerdings wird Söder ähnlichen bundespolitischen Debatten, sofern bundespolitische Ambitionen bestehen sollten, nicht ausweichen können.

Es ist zweifelsfrei zu betonen, dass die mediale Auseinandersetzung mit dem im Dezember geplanten CDU-Bundesparteitag wieder einmal verfrüht ist. Zwar haben aktuell-politische Entwicklungen das Potenzial, die Erwartungen gegenüber den Kandidaten für den Parteivorsitz bzw. zukünftigen Kanzlerkandidaten zu beeinflussen. Dennoch ist es sehr schwierig und davon abzuraten, bereits jetzt voreilige Schlüsse zu ziehen.

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