Per Nacht-Express von Sylt nach Salzburg (dpa)
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Pünktlich um 19.59 Uhr fährt der Alpen-Sylt-Express am Samstagabend am Bahnhof Westerland ab. In regenfeste Jacken verpackt suchen sich die Passagiere ihr Abteil. Es regnet und stürmt auf Sylt. Knapp 16 Stunden und rund 1000 Kilometer später fährt der Zug des privaten Bahnanbieters RDC pünktlich in Salzburg ein. Die Sonne scheint. In den Abteilen für bis zu sechs Fahrgäste steht Desinfektionsmittel und eine Flasche Wasser für die Fahrgäste bereit. Am Morgen bringt Zugpersonal mit Masken Kaffee oder Tee und Boxen mit Brötchen und Aufschnitt zu den Passagieren, die ein Frühstück dazu gebucht haben. Tickets werden in dieser Saison ausschließlich für komplette Abteile angeboten. Wegen des Infektionsschutzes wolle man „auf gar keinen Fall“, dass sechs fremde Menschen über Stunden in einem Abteil zusammen sind, betonte RDC-Sprecherin Meike Quentin bereits vorab. Die Premierenfahrt zieht Neugierige an, darunter drei junge Männer aus Berlin, die extra für die Fahrt mit dem Nachtzug nach Sylt gereist sind, wie sie der „Sylter Rundschau“ erzählen. Oder einen alleinreisenden Herrn, der die Verbindung nutzte, um einen Tagesausflug nach München zu unternehmen. Er wollte am Abend wieder zurückfahren, berichtete Sprecherin Quentin am Sonntag. Sie selbst hat die Fahrt nach Salzburg ebenfalls mitgemacht und empfand sie als „herrlich“. Und für Bahner ganz wichtig: „Wir waren die ganze Zeit auf die Minute pünktlich.“ Unter den rund 100 Fahrgäste, die bereits in Westerland in den Zug stiegen, waren auch Familien mit Kindern, Alleinreisende und Ehepaare auf den Weg in den Urlaub. Auch später stiegen noch Fahrgäste zu - insgesamt waren es rund 120. 85 davon fuhren bis zur Endstation in Österreich mit.

Keine Preisstaffelung während der Corona-Krise

Für Alleinreisende kostet die Fahrkarte ab 99 Euro für ein Single-Abteil. Ein Kind bis 14 Jahre kann kostenlos mitreisen. Ab 399 Euro ist das sogenannte „Friends & Family-Abteil“ für bis zu sechs Personen buchbar. Preise gestaffelt nach gefahrener Strecke gibt es zumindest in dieser Corona-Saison nicht.

Ein Wagen steht für Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität zur Verfügung und wird bereits bei der Premierenfahrt genutzt. Die Mitnahme von Surfbrettern und Fahrrädern und auch von Hunden ist möglich. Das Bahnunternehmen RDC hat das Nachtzug-Segment schon länger im Blick. Daher hat RDC auch sogenannte Couchette-Liegewagen aus dem Bestand der Deutschen Bahn gekauft, als diese ihr Nachtzugnetz stark ausgedünnt hat. Vor einigen Jahren hatte die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) dann das defizitäre DB-Nachtzuggeschäft übernommen, etwa mit Fahrten ab Hamburg nach Zürich. Bis zum Jahr 2026 soll der ÖBB-Nightjet-Betrieb stufenweise ausgebaut werden. Andere internationale Anbieter fahren ebenfalls - zum Teil saisonal - auf einzelnen Nachtzugstrecken deutsche Städte an. „Wir glauben an die erfolgreiche Renaissance von Nachtzügen in Europa“, sagte der Geschäftsführer von RDC Deutschland, Markus Hunkel. Das Angebot erfülle den Wunsch nach nachhaltigem Reisen, auch über größere Distanzen hinweg. Dass das Unternehmen RDC, das auch den Blauen Autozug nach Sylt betreibt, jetzt die Verbindung von Westerland aus gestartet hat, war aber eine sehr kurzfristige Entscheidung. Diese hing damit zusammen, dass die Kooperation mit Flixtrain beendet worden ist und Wagen sowie Personal frei geworden sei. Erst am 10. Juni habe man mit der konkreten Planung begonnen, sagte Quentin. Die Buchungszahlen seien erfreulich, so das Unternehmen. Aus diesem Grund soll der Alpen-Sylt-Nachtexpress auch den ganzen Sommer und Herbst fahren. Ursprünglich war geplant, die Nachtfahrten bis zum 7. September anzubieten. Nun ist die letzte Ankunft auf Sylt in diesem Jahr für den 2. November geplant. Von Sylt aus macht er sich donnerstags und samstags auf die Reise. Freitags und sonntags fährt der Zug dann in die entgegengesetzte Richtung von Österreich zurück in den Norden. Für die erste Fahrt gen Norden am späten Sonntagnachmittag hatten rund 150 Passagiere reserviert. Das Ziel der meisten: Sylt.

dpa