Jury: „Corona-Pandemie“ zum Wort des Jahres 2020 gekürt (dpa)
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An dem alles beherrschenden Thema 2020 kommt auch die Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache nicht vorbei: Sie hat „Corona-Pandemie“ zum „Wort des Jahres“ gekürt. Auf dem zweiten Platz landete „Lockdown“, auf dem dritten „Verschwörungserzählung“, wie die GfdS am Montag in Wiesbaden bekannt gab. Bei der Aktion werden seit 1977 regelmäßig Wörter und Wendungen ausgewählt, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben eines Jahres sprachlich in besonderer Weise bestimmt haben. Damit ist die Wahl des Wortes in diesem Jahr wenig überraschend. „Wie Superspreader so gibt es eben auch Superthemen“, sagte der GfdS-Vorsitzende Peter Schlobinski mit Bezug auf sogenannte „Superspreader-Events“, bei denen ein Mensch viele andere mit dem Virus ansteckt. Der Begriff Corona breite sich auch im Wortschatz entsprechend aus, erklärte er. Und genauso wie Virologen einem Virus nachspürten, interessierten sich Sprachwissenschaftler dafür, wie sich ein Wort ausbreite.

„Wenn ein Thema so relevant ist - das spiegelt sich in unserer Sprache wider“

Die Pandemie habe für eine Vielfalt neuer Wortbildungen gesorgt. Dazu zählten etwa neu zusammengesetzte Wörter wie Corona-Demo, Coronazahlen oder coronabedingt, aber auch neue Wortschöpfungen wie Corontäne (für eine Quarantäne wegen Corona) oder Covidioten (für Menschen, die gegen Corona-Regeln demonstrieren). Noch nie habe ein Begriff die Liste der „Wörter des Jahres“ dermaßen dominiert, erklärte der Sprachwissenschaftler. „Wenn ein Thema so relevant ist - das spiegelt sich in unserer Sprache wider.“ Es habe schon früher starke Themen gegeben, etwa die Finanzkrise, „aber in der Größenordnung hat es schon eine eigene Dimension“. Acht der zehn „Wörter des Jahres“ haben mit der Pandemie zu tun - wobei sich „Verschwörungserzählung“ nicht nur auf die Propaganda von Coronaleugnern beziehe, sondern etwa auch auf Behauptungen des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump, er sei Opfer eines Wahlbetrugs, wie die GfdS erläuterte. In gewisser Weise habe es die Jury in diesem Jahr bei ihrer Wahl leicht gehabt, am Ende sei die Entscheidung für Platz eins zwischen „Corona“ und „Corona-Pandemie“ gefallen, sagte Schlobinski. Das Gremium wählt aus einer Sammlung von Belegen aus verschiedenen Medien und Einsendungen von Außenstehenden. „Corona-Pandemie“ habe das Rennen gemacht, weil die „Pandemie“ verdeutliche, dass von der Krise ganze Völker betroffen seien, erklärte Schlobinski.

Platz fünf belegte „AHA“

Auf Platz vier schaffte es ein Begriff, der mit dem Virus nichts zu tun hat: „Black Lives Matter“. Die internationale Anti-Rassismus-Bewegung hatte 2020 durch den Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einer Festnahme neuen Auftrieb erhalten. Platz fünf belegte „AHA“, ein Buchstaben-Kurzwort zu den Corona-Regeln „Abstand, Hygiene, Alltagsmaske“. Einen Platz dahinter landete „systemrelevant“, es steht für Unternehmen oder Berufsgruppen, die in der Corona-Krise als unverzichtbar eingestuft wurden. Mit „Triage“ auf Platz sieben habe es ein französischstämmiger Ausdruck auf die Liste geschafft, der für eine der dunkelsten Seiten der Corona-Pandemie stehe, erläuterte Schlobinski. Abgeleitet von „trier“ (sortieren) bedeutet das medizinische Fachwort so viel wie „Entscheidung, wer zuerst versorgt werden soll“. Mit den „Geisterspielen“ auf Platz acht sind insbesondere Fußballspiele gemeint, die zur Vermeidung von Masseninfektionen vor leeren Rängen stattfinden. Das „Gendersternchen“ auf Platz neun symbolisiert die zunehmende Diskussion um geschlechtergerechten oder -sensitiven Sprachgebrauch, wie Schlobinski erläuterte. Auf Platz zehn steht die Abschiedsgrußformel „Bleiben Sie gesund!“ - in Corona-Zeiten vielfach verwendet.

dpa